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Der Krieg mit Rußland brach aus. Ein gewaltiges Heer
von einer halben Million Krieger bewegte sich gegen Rußland.
Napoleon und seine besten Feldherren führten es. Am 28.
Juni 1812 überschritten die Franzosen den Riemen, am 18.
August waren sie in Smolensk, am 7. September schlugen sie
die Russen an der Moskwa und am 14. zogen sie in Moskau
ein. Aber bald war die ungeheure Stadt durch die Vaterlands
liebe der Russen in ein Feuermeer verwandelt. Hier glaubte
die erschöpfte französische Armee Erholung und Stärkung zu
finden, deren sie nach solchen Anstrengungen so sehr bedurfte,
und nun war man nicht am Ende, sondern am Anfang der
Leiden und Entbehrungen. Vier Wochen ließ sich Napoleon
noch durch täuschende Friedensunterhandlungen hinhalten.
Am 19. Oktober befahl er den Rückzug und am 6. November
brach die ungewöhnliche Kälte ein und überraschte das Heer,
das noch so entfernt von seinen Magazinen und Hilfsquellen
war. Von den immer zahlreicher sich einstellenden Feinden
umschwärmt, von Entbehrungen aller Art gebeugt hatte es
mit den Elementen und mit dem Feinde einen Kampf zu be
stehen, der in der Geschichte ohne Beispiel ist. Von 500.000
Mann, die ausgezogen waren, sahen kaum 25.000 ihre Hei
mat wieder; die anderen lagen verhungert, erfroren und er
schossen auf den eisigen Gefilden Rußlands. Am 4. Dezem
ber verließ Napoleon auf einem Bauernschlitten das Heer.
Das Jahr 1812 endete schrecklich für die Franzosen.
Um so hoffnungsreicher ging das Jahr 1813 für die
Deutschen auf. Zuerst erklärten sich die Preußen für den Be
freiungskrieg. Sie hatten unter dem Übermut der Franzosen
am meisten gelitten. Bei ihnen war seit 1808 die Volksbewaff
nung organisiert. Die Stimmung des Volkes drängte den
König. Er rief sein Volk zu den Waffen und verband sich
mit Rußland. Selten hat so rein und allgemein die Begeiste
rung für seine edelsten Güter ein Volk ergriffen, alle Stände
und Klassen so mächtig durchdrungen und solchen Wetteifer in
Aufopferung und Vaterlandsliebe' erzeugt, wie es damals bei
den Preußen und Deutschen der Fall war. Die Vorsehung
selbst hatte die Wege zur Befreiung Deutschlands bereitet.
Langsam erklärte sich Oesterreichs Der Kaiser war seinem
Schwiegersöhne einige Rücksichten schuldig, trat zuerst in der
Rolle des Vermittlers auf, und als die Friedensversuche kein
erwünschtes Resultat ergaben, erklärte auch er den Franzo
sen den Krieg. Bereits hatten sich die Preußen in mehreren
Schlachten mit den Franzosen gemessen, stets ruhmvoll und
meistens auch siegreich gestritten, wie an der Kazbach und an