Volltext: Geschichte des Fürstentums Liechtenstein

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Oesterreichern und Russen nicht viel besser behandelt. Helbert 
berichtet: „Armselig sah es in dieser Zeit in unserem Ländlein 
aus, daß es nicht zu beschreiben ist. Im Mai 1800 mußten 300 
Mann ab dem Eschnerberg über den Rhein, um die Haagerau 
auszureuten, damit die Oesterreicher auf die Straße sehen konn 
ten, während die Franzosen in Sennwald und zu Werdenberg 
standen. Groß war der Jammer bei Frauen und Kindern, daß 
man ihre Gatten und Väter also bloßstelle. AIs die Franzosen 
ins Land kamen, nahmen die Requisitionen an Wein, Brot 
Fleisch und anderem kein Ende. Unter dem Vieh brach die 
Klauenseuche aus. Mit jedem Monat kamen Forderungen an 
Geld oder Naturalien vom schwäbischen Kreis und von Vor 
arlberg. Der Sommer war heiß und es gab viel Wein. Da 
gegen war das Jahr 1801 naß. Am 12. April fiel ein so tiefer 
Schnee, daß die Bäume brachen und im Heumond tat der 
Hagel großen Schaden. Im Jahre 1802 reiste der Landvogt 
Menzinger nach Ulm, um dem Abschluß der Kreisrechnung 
beizuwohnen. Unsere Kriegsschuld ist so groß, daß Kind und 
Kindeskinder daran zu zahlen haben. Alle fremden Bettler 
wurden aus dem Lande gewiesen; das Betteln wurde streng 
verboten; dagegen wurden in allen Gemeinden Armenpflegen 
eröffnet; jede Gemeinde mußte ihre Armen angeben und die 
Geistlichkeit wurde aufgefordert/ zum Unterhalt der Armen 
beizusteuern. Man will ein Arbeitshaus errichten, aber man 
vermag es bei uns nicht." 
Die Kriegserlittenheiten, welche dies kleine Land von 
1794 bis 1802 zu tragen hatte, beliefen sich nach amtlicher 
Schätzung auf fast eine Million Gulden. Solche Erschütterungen 
des ökonomischen Zustandes pflegen aber oft von noch größeren 
moralischen Übeln begleitet zu sein. 
Der Krieg und die Kontributionen dauerten noch 13 Jahre 
fort. Im August 1809 kam beispielsweise vom französischen 
General zu Feldkirch der strenge Befehl, eine allgemeine Ent 
waffnung in Liechtenstein vorzunehmen, alle Waffen innert 
zwei Tagen nach Feldkirch zu bringen, für 200 Mann und 50 
Pferde die tägliche Fourage zu liefern. Der Landvogt Men 
zinger stellte sich dem General vor, wies ihn hin auf die Zuge 
hörigkeit dieses Landes zum Rheinbünde unter französischem 
„Protektorate", auf die Summe von 14.000 fl., die das Land 
in demselben Jahre nur für sein Kontingent verwendet habe, 
auf die Unmöglichkeit, soviel Lebensmittel im Lande aufzu 
treiben. Aber nur ein Trinkgeld von 220 fl. vermochte den 
General umzustimmen.
	        

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