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meinten aber zeigten anfänglich wenig Bereitwilligkeit. Einige
ließen verlauten: „Die Franzosen sollen nur kommen, schlimmer
könne es nicht werden und die Schulden seien dann bezahlt."
Da fing das Oberamt an, den eigenen Leuten zu mißtrauen.
Es dachte daran, wenn die Franzosen anrücken sollten, zu
fliehen, um nicht zwischen zwei Feinde zu kommen. Seine
Furcht vor den eigenen Leuten war größer als die vor den
Franzosen. Aber sie war ungegründet. Von Bregenz kam eine
Einladung, Liechtenstein möge mit den Vorarlbergern gemein
same Sache machen und über die Landesverteidigung beraten.
Die Landwaibel verkündeten in beiden Landschaften: Wer zur
Verteidigung des Vaterlandes sich waffnen wolle, solle sich beim
Oberamt melden. Die Landammänner beider Landschaften mit
dem Rentmeister begaben sich nach Bregenz, um der Konferenz
wegen der Landesverteidigung beizuwohnen.
Da man österreichischerseits Nachricht haben wollte, daß die
Franzosen durch Graubünden an den Bodensee vordringen,
* wurde das Oberamt zu Vaduz in Kenntnis gesetzt, daß man
Truppen an die bündnerische Grenze rücken lassen werde, und
bat um gute Aufnahme. Am 6. Juni zog Hauptmann Fellner
mit 100 Mann und zwei Kanonen an die Grenze bei Balzers.
Man erwartete noch 500 Scharfschützen, und der General Baja-
lich, hieß es, sei mit 8000 Mann im Anzug, um Vorarlberg
zu decken. Am 16. Juni rückten abermals 700 Mann in unser
Ländchen mit zwei Kanonen und lagerten bei Dux ob Schaan,
und andere kamen nach. Die Mannschaft zu Balzers wurde ver
stärkt. General Bajalich begab sich nach Chur. Inzwischen hatten
die Gemeinden wegen der Landesverteidigung Ausschüsse ge
wählt, welche die Sache eifrig betrieben.
Es stellten sich 64 Freiwillige für den ersten Auszug, 12
von Eschen, 10 von Mauren, 6 von Gamprin, 7 von Ruggell
und 3 von Schellenberg. In der oberen Landschaft meldeten sich
26 von Schaan und Vaduz; die übrigen Gemeinden erklärten
sich langsam.
Die Stadt Wangen in Schwaben erbat sich Nachricht vom
Oberamt zu Vaduz, wenn etwas außerordentliches in Grau-
bünden oder Tirol geschehe. Die Gerüchte, daß die Franzosen
anrücken, mehrten sich und wurden zur Wahrheit; aber sie ka
men nicht aus Italien durch Graubünden, sondern geraden
Weges von Deutschland her.
Wie in Italien war auch am Rhein der Kampf wieder
entbrannt; der Waffenstillstand wurde am 21. Mai aufgekün
digt. Vom Niederrhein her drang General Iourdan und warf
die Armee des Erzherzogs Karl nach Bayern zurück. Am Ober