471
Mitten unter den Gefahren des Türkenkrieges war es,
daß der Kaiser den Abgeordneten der Landschaften Vaduz und
Schellenberg Gehör gab. Die Hauptstadt Wien war gerade
damals von 200.000 Türken umlagert und bedroht, aber glück
lich gerettet. Die Türken wurden durch die Siege des Prinzen
Eugen von Savoyen zum Frieden gezwungen (1699). Mit den
Franzosen wurde zuerst ein Waffenstillstand geschlossen; aber
im Jahre 1688 begann der Krieg wieder. Die Franzosen dran
gen in das Schwabenland vor; nun erst wurde der Reichskrieg
erklärt. Der Krieg dauerte sieben Jahre und im Frieden zu
Ryswyk (1697) behielt Frankreich Straßburg, gab dagegen
das Breisgau an Oesterreich zurück. Dieser Krieg war es, der
unseren Landschaften großes Ungemach brachte.
Der vom Kaiser bestätigte Spruch der kaiserlichen Kom
mission von 1684, wie der so oft anerkannte und bestätigte
Vertrag von 1614 bewirkten keine Erleichterung. Winterquar
tiere, Kreisexekutionen, Betreibungen von seiten der Kapita
listen, bei denen sich die Landschaft verbürgt hatte, dauerten
fort und in höherem Maße, da der Türkenkrieg nicht beendigt
und der französische ausgebrochen war. Dagegen wurden alle
Gefälle und Leistungen ab Seiten der Herrschaft und der
kaiserlichen Administration mit unerbittlicher Strenge einge
trieben. Es mußte auch dem einfältigsten Landmann ein Ver
fahren höchst verletzend und allem Rechts- und Wahrheitsgefiihl
widerstrebend vorkommen, nach welchem man das Seinige
wahrte, das Gut derjenigen aber, die man schützen sollte, förm
lich preisgab.
Die Landschaft ermangelte nicht, den Prinzipal-Kommis-
sarius, den Fürstabt von Kempten, mit Klagen zu bestürmen,
sowie den Grafen Jakob Hannibal. Endlich, nachdem schon im
Jahre 1687 Verabredungen zwischen der Herrschaft und Land
schaft stattgefunden, kam es am 9. April 1688 zu einem neuen
Vertrag des Schnitzes wegen zwischen den Grafen Jakob Hanni
bal und Franz Wilhelm einerseits und beiden Landschaften
Vaduz und Schellenberg anderseits, unter Mitwirkung und
Vermittlung des Freiherrn Johann von Bodman und des
Rates Heinrich Heuwell, als der vom Fürstabt bestellten kaiser
lichen Kommission „zur Erhaltung göttlichen Segens und Er
werbung guter Ruhe" des wesentlichen Inhalts:
1. Der anno 1614 des Schnitzes halb geschloffene Vertrag
bleibt in seinen Kräften und die beiden Landschaften bezahlen
fürderhin nichts als den darin bestimmten jährlichen Schnitz,
die eine Hälfte auf Georgi, die andere auf Martini.