Volltext: Geschichte des Fürstentums Liechtenstein

48 
Landanweisung. Unter der Aufsicht der Grafen standen die 
königlichen Güter und Gefälle des Gaues; ihrem besonderen 
Schutz waren die Kirchen und Klöster empfohlen und die 
Witwen und Waisen, deren Klagen sie zuerst hören sollten. 
Das Reich war in Distrikte geteilt, die man Gaue nannte, 
und jedem Gau stand ein Graf vor. Ein solcher Gau war 
Churrätien und er wurde in kleinere Bezirke geteilt; diese 
hießen Ministerien (Untergrafschaften oder Zentgrasschaften) 
und der Beamte, welcher ihnen vorstand, ward Schultheiß ge- 
nannt. Die Schultheißen standen unter dem Grafen; sie hatten 
über geringere Sachen zu richten und führten das Volk ihres 
Bezirks, wenn es aufgeboten wurde, ins Feld. 
In den Gauversammlungen unter dem Vorsitz des Gra 
fen wurden nicht bloß Rechtssachen, sondern auch Verwal- 
tungs- und Regierungsgegenstände behandelt. Auf den allge 
meinen Reichsversammlungen, die im Frühling und Herbst 
gehalten wurden, erschienen nur die geistlichen und weltlichen 
Großen des Reiches. Da wurde über Krieg und Frieden, 
über Gesetze und andere Reichsangelegenheiten verhandelt. 
Da die Grafen so große Gewalt hatten, suchte der Kaiser 
dem Mißbrauch derselben zu steuern durch Einführung der 
königlichen Boten. Diese hatten viermal des Jahres im Gau 
zu erscheinen, die Verwaltung der Grafen zu prüfen, Klagen 
über dieselben anzuhören und Mißbräuche abzustellen. Von 
diesen Boten war einer ein Geistlicher, gewöhnlich ein Abt 
oder Bischof, weil ihnen auch die religiöse Aufsicht oblag. Un 
taugliche Schöffen wurden entfernt und mit Zustimmung der 
Gaugemeinde andere, würdigere an ihre Stelle gesetzt. Richt 
nach Willkür sollten die Richter sprechen, nach dem geschrie 
benen Gesetz; darum wurde neben Rechtschaffenheit und Wahr 
heitsliebe genaue Kenntnis der Gesetze von ihnen verlangt. 
Die Güter des Hochstiftes Chur, wie die des „Klösterleins" 
zu Pfäfers waren gefreit und standen unmittelbar unter dem 
Kaiser. Er befahl ihnen Schirmvögte anzunehmen, aber nur 
solche, welche im Gau begütert seien. Die Schirmvögte saßen 
zu Gericht über die Leute, welche auf den Stifts- und Kloster- 
gütern faßen, so oft sie vom Bischof oder Abt dazu berufen 
wurden. Die Schirmvögte bestellte anfänglich der Kaiser; spä 
ter erhielten die Gotteshäuser das Recht, ihre Schirmvögte 
nach Belieben zu wählen. Die Kammergüter, welche nicht zum 
Privateigentum der Kaiser gehörten, sondern die sie nur wäh 
rend ihrer Regierungszeit zu nutzen das Recht hatten, waren 
ebenfalls gefreit, und die darauf gesessenen Leute wurden von 
eigenen Vögten gerichtet, die man Reichsvögte nannte.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.