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galt diesmal den Spanischgesinnten, für deren Haupt man Ru
dolf v. Planta hielt. Aufgewiegelt durch die Prädikanten und
die salische Partei griffen die Unterengadiner zu den Waffen;
die Oberengadiner taten dasselbe. Rudolf von Planta rettete
sich in sein Schloß Wildenberg und, als die Gefahr wuchs,
über die Berge nach Tirol. Die Aufftändifchen schickten Ab
teilungen ins Veltlin und nach Bergell. Dort wurde der Erz-
priester von Sondrio, Nikolaus Ruska, hier Johann Baptist
Prevost, genannt Zambra, ergriffen. Die Engadiner erließen
Mahnbriefe an die übrigen Gemeinden. Thusis wurde zum
Sammelplatz bestimmt und ein Strafgericht daselbst nieder
gesetzt in einem großen Tenn, welchem neun Prädikanten bei
wohnten. Der fast achtzigjährige, an der Fußgicht leidende
Zambra ward auf die Folter gespannt, gemartert und ent
hauptet, ohne daß er eine todeswürdige Schuld bekannt hätte.
Nikolaus Ruska, der Erzpriester, ein ob seinen Tugenden in
seiner Heimat geachteter Mann von schwächlicher Gesundheit,
starb unter den Qualen der Folter, nachdem er umsonst seine
Unschuld beteuert hatte. Sein Leichnam wurde unter dem
Galgen verscharrt. Rudolf und Pompeius von Planta, Luzius
von Mont und andere wurden auf ewig verbannt und für
vogelfrei erklärt. Groß ist die Liste derjenigen, welche mit
schweren Geldstrafen belegt wurden. Bischof Johann V. wurde
seines Amtes für entsetzt, auf ewig aus den drei Bünden ver
wiesen und für vogelfrei erklärt. Diesem grausamen Treiben
widersetzte sich endlich der graue oder obere Bund, vorab die
Lugnezer. Sie mahnten die übrigen Gemeinden, das Ver
fahren der Engadiner mit den lebhaftesten Farben darstellend
und rückten auf Ems. Auch die katholischen Orte der Eidge
nossenschaft verwendeten sich für die Verbannten und ermahn
ten die Bünde, solche Strafgerichte abzustellen und den Ver
wiesenen Recht und sicheres Geleite zu gewähren, daß sie vor
unparteiischen Richtern erscheinen könnten. Aus Bergell und
Misox erschienen Fähnlein. Ein Strafgericht ward zu Chur
niedergesetzt, trotzdem daß die Anhänger des Strafgerichts
von Thusis aus dem Engadin, Prätigau und Davos es hatten
gewaltsam hindern wollen. Es milderte die Urteile des thus-
nerfchen Mördergerichts. Die Verbannten kehrten zurück. We
gen des Bischofs und des Stiftes zu Ehur hatte Kaiser Mat
thias eine Mahnung an die Bünde erlassen, ihn mit seinem
Stifte bei seinen Rechten zu erhalten (1619).
Aber die Gegenpartei und die Anhänger des thusneri-
schen Gerichtes strömten bewaffnet nach Zizers. Auf den Wie
sen von Jgis pflogen sie Rat, stellten das Strafgericht von