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gel, überhaupt kein Recht anerkennen wollten, das ihre Will
kür beschränkte.
Es ist früher von den Unruhen in Bünden erzählt wor
den. Wir müssen dieselben wieder erwähnen, denn sie brachten
auch große Leiden und Drangsale über unsere Landschaften.
Seit langem stunden die drei Bünde im Bündnis mit Frank
reich; sie verhießen dem französischen König Durchzug durch
ihr Gebiet, falls er Mailand bekriegen wollte. Spanien, das
damals im Besitze von Mailand war, sah mit Besorgnis die
Hinneigung Bündens zu Frankreich, baute an der Grenze des
Veltlin die Feste Fuentos und machte Anstalt, eine solche auch
an der Grenze gegen Misox zu errichten. Die drei Bünde be
schwerten sich deshalb bei Mailand, klagten bei der Eidge
nossenschaft, bei Venedig und Frankreich. Mailand antwortete,
es treffe jene Vorkehrungen zu seiner Sicherheit. Darüber
parteiete sich das Volk in Bünden; die einen hielten zu Frank
reich, die andern zu Venedig, die dritten zu Spanien. Die
Häupter dieser Parteien hielten das Land in beständiger
Unruhe und Aufregung. Da Venedig mit dem Papste damals
gerade im Kriege war, wollte es geworbenes Kriegsvolk dutch
Bünden führen. Dies gab Anlaß, die beunruhigendsten Ge
rüchte unter das Volk auszustreuen. Die venezianische Partei,
so hieß es, wolle das Vaterland verraten. Da rottete sich das
Volk bewaffnet zusammen, vorab die Churwaldner. Ein Straf
gericht ward zu Chur niedergesetzt. Wie Georg Beli, der öster
reichische Vogt im Prätigau, und Kaspar Baselgia von dem
selben verurteilt und hingerichtet wurden, haben wir oben
erzählt.
Im Namen und Auftrag des Kaisers Matthias erschien
Graf Kaspar von Hohenems vor dem Bundestag zu Chur
und stellte vor, wie allerhand schädliche Bündnisse und Prak
tiken und Durchführung fremden Kriegsvolkes gesucht würden,
wodurch die alte Erbeinigung mit Oesterreich verletzt, Wohl
stand, Friede und Ruhe der drei Bünde gestört werden. Der
Kaiser habe ihn deswegen abgesandt, daß er die drei Bünde
vor weitaussehenden Neuerungen warne und sie mahne, bei
der Erbeinigung zu bleiben und nicht wegen kleinen Gewinns
und eigenmächtiger Praktiken einiger Privatpersonen das Va
terland in Gefahr zu versetzen. Einen ähnlichen Vortrag hielt
der mailändische Gesandte (1615). Allein bei der Heftigkeit,
womit die Parteien einander verfolgten, konnte kein fester
Zustand begründet werden. Gerade in dem Jahre, da ein
Bergsturz den schönen Flecken Plurs im Iakobstal verschüttete
(1618), brach die Wut der Parteien heftiger als je aus. Es