Volltext: Geschichte des Fürstentums Liechtenstein

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schwur, daß er in Sachen, das peinliche Gericht betreffend, 
fleißig aufmerken wolle. Klag, Antwort, Argwohn, Verdacht 
oder Beweisung, auch die Verzicht (Geständnis) des Gefan 
genen und was gehandelt wird, treulich aufschreiben, ver 
wahren und, so es not tut, verlesen, auch darin keinerlei 
Gefährde suchen, noch brauchen, sondern, daß er Kaiser Ru 
dolfs des Andern und des hl. römischen Reichs Gerichtsord 
nung soviel ihn berühre, halten werde. 
War niemand da von der Blutsverwandtschaft, der die 
peinliche Klage anhub, so erkannte und begehrte das Gericht 
zuerst einen Fürsprecher und zwei Räte, welche im Namen 
der Herrschaft die Anklage erhoben; desgleichen aber erhielt 
auch der Peinlichangeklagte einen Fürsprecher und zwei Räte. 
Begab sich der Fall, daß ein Totschlag berichtet wurde und 
die Verwandtschaft des Entleibten die Klage führte und der 
Totschläger nicht vor Recht stehen wollte, so befahl der Land 
ammann dem geschworenen Landwaibel, den Gerichtsring zu 
öffnen und zu drei Seiten, gegen Sonnenaufgang, gegen 
Mittag und Mitternacht laut und öffentlich den Totschläger 
mit Namen zu rufen, also: „N. N. komm und gib Antwort 
auf diese Klag, auf den Totschlag, den du begangen hast an 
N. N. und hab frei und sicher Geleit zu den Rechten, bei den 
Rechten und von den Rechten." Drei solcher Ruse mußte 
der Landwaibel tun und nach denselben den Gerichtsring 
offen lassen und warten ungefähr eine Viertelstunde, ob der 
antwortende Teil das Recht wolle „verstehen". Kam in dieser 
Zeit niemand, so wurde der Gerichtsring wieder geschloffen 
durch den Waibel und das Recht (Gerichtsverhandlung) hatte 
seinen Fortgang. Der arme Sünder erhielt, wie gesagt, einen 
Fürsprecher, welcher auf die Klage der Verwandtschaft, so 
fern diese selbst die Klage führte, oder des Fürsprechers der 
Herrschaft (Staatsanwalt), der sonst die peinliche Klage anzu 
stellen hatte, antworten mußte. Am Schluffe der Verhandlung 
bat der Fürsprecher des armen Sünders um ein gnädiges 
Urteil. Lautete dasselbe auf Tod und brach der Landammann 
den Stab, so erhob sich der Fürsprecher des armen Sünders 
und bat, daß es ihm erlaubt sein möchte, bei der Herrschaft 
um Gnade und Milderung des Urteils anzuhalten, daß sie 
dem armen Sünder das Leben schenken und sich des Wortes 
Christi erinnern möchte, Gott wolle nicht den Tod des Sün 
ders, sondern daß er lebe und sich bekehre. 
Das Gericht am Eschnerberg wurde zu Rofenberg an 
offenem Platze und zu Vaduz an einem offenen Platze dieses 
Ortes, bei der großen Linde gehalten. Außer den Parteien
	        

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