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Kaiser, Geschichte Liechtensteins.
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1516. Michel Maler gehörte einer geachteten Familie an:
aber ihn hatte der Freiheitsschwindel erfaßt. Als die neuen
Grafen die Herrschaft angetreten hatten, weigerte er sich, ihnen
die Fastnachthenne zu geben. Er erklärte sogar, nicht mehr
Eigenmann (Untertan) des Grafen sein zu wollen. Deshalb
kam er ins Gefängnis; aber auf Fürbitte seiner Verwandten
und Freunde aus Triefen wurde er der Strafe entlassen, nach
dem er einen Eid geschworen und seine Freunde sich für ihn
verbürgt hatten, daß er sich wegen der Gefangenschaft an nie
mandem rächen und ein guter Untertan des Grafen sein wolle.
1516. Eberli Kunz, der Schneider von Balzers, hatte
sich zu Ostern nach Empfang der hl. Sakramente ins Wirts
haus begeben und voll getrunken. Dafür kam er IV2 Tage ins
Gefängnis und schwur Urfehde.
1524. Stefan Pfefferli von Schaan hatte sich dem Spiel
und Trunk über die Maßen ergeben. Dafür kam er drei Tage
ins Gefängnis, schwur Urfehde und versprach, nicht mehr höher
zu spielen als um einen Heller, und zwar nur mit frommen
und biedern Leuten, auch nicht zu einem Schlaftrunk nachts
zu gehen ausgenommen an einem Sonntag, an einem Werk
tag nur, wenn eine Hochzeit wäre. Er durste keine andere
Wehre tragen, als ein Waidmesser, auch nicht übernacht außer
der Herrschaft bleiben.
1529. Hans Degen, genannt Rolldegen, von Eschen kam
ins Gefängnis wegen zu häufigen Wirtshausbesuchs. Er schwur
Urfehde und versprach, nur an Feiertagen und bei Hoheiten
ins Wirtshaus zu gehen, auch wenn er nach Feldkirch gehe,
nicht mehr als eine Maß zu trinken.
Im gleichen Jahre entstand an Petri- und Paulstag ein
so schreckliches Hagelwetter, wie man seit Menschengedenken
nicht erlebte. Die Reben wurden zerschlagen, daß man neue
pflanzen mußte. Bald brach eine große Teuerung ein, die bis
zum Jahre 1535 währte.
Aus andern Urfehden ersieht man, daß Geistliche bei
Nacht überlaufen und mit Gewalt gezwungen wurden, lustigen
Gesellen Wein soviel sie wollten zu verabreichen. Manche
Geistliche mögen selbst mitgehalten haben. Die asketische und
wissenschaftliche Bildung der Geistlichen ließ damals bei man
chen zu wünschen übrig. Sie studierten an Hochschulen, wo ein
leichtfertiges Leben herrschte. Daher so mancher Priester der
Reformation zum Opfer fiel. Erst das Konzil von Trient
schaffte hierin Wandel durch die Vorschrift betreffend die
Gründung von Priesterseminarien.