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bis zum Eintritt der Kirchenspaltung leidlich zu gestalten.
Zuerst regelte er die Verhältnisse mit Oesterreich durch einen
Vertrag mit Kaiser Maximilian. Wäre dieser Vertrag von
seiten der Bünde später befolgt worden, würde die Geschichte
Graubündens im 17. Jahrhundert nicht so viele dunkle Blät
ter aufweisen.
Da viele reformatorische Schriften unter das Volk ge
worfen wurden, suchte Bischof Paul dieser Gefahr zu begegnen,
indem er dem Klerus befahl, sich bestimmte Bücher zu ver
schaffen und die vom Bischof verhängten Kirchenstrafen getreu
zu verkünden. Gegen die Verordnungen des Bischofs und
andere kirchliche Bestimmungen stellte die Landschaft Sargans
mit Einwilligung der sieben Orte und des Landvogts folgende
Artikel auf: „Wer jemanden um eine Geldschuld anspricht, soll
sie nicht durch Bannbriefe eintreiben. Kein Priester im Sar-
ganserland soll solche Bannbriefe verkündigen und der Bischof
sie darum nicht strafen. Jeder Priester soll Macht haben im
Beichtstuhl über alle Fälle zu entscheiden und es soll deshalb
niemand weiter geschickt werden. Rechtsstreitigkeiten zwischen
geistlichen und weltlichen Personen sollen vor der zuständigen
örtlichen Obrigkeit geschlichtet und nicht vor das geistliche Ge
richt in Chur gebracht werden, außer es betreffe Ehesachen."
Der Anstoß zum Erlasse dieser Bestimmungen, durch welche
von weltlicher Seite unberechtigt in das Gebiet der Kirche
eingegriffen und der Klerus in seinem Widerstande gegen den
Bischof unterstützt wurde, hatte die Geistlichkeit selbst gegeben.
Der Bundestag zu Ilanz ging noch weiter. Er beanspruchte
das Recht, den kirchlichen Behörden Vorschriften zu machen,
und die Gemeinden erhielten bezüglich der Besetzung der
Pfründen Rechte, die nach kirchlichen Grundsätzen nur den
kirchlichen Behörden zukommen. Die kirchliche Regierungs
gewalt, auch die des Papstes, wurde in Frage gestellt. Damit
war ein grundsätzlicher Schritt zur Glaubensneuerung ge
tan; denn diese bestand in erster Linie in der Beseitigung der
kirchlichen Autorität und Verfassung. Ein Artikel dieses Bun
destages forderte, daß kein Pfarrer seine Pfründe durch einen
Vikar versehen lassen dürfe. Run besaß der Dompropst zu
Chur die Pfarrei St. Martin (in Chur), ließ sie aber durch
einen Vikar besorgen und bezog die Einkünfte für sich. Ge
stützt auf die Ilanzer Artikel verlangte der Rat, daß der Dom
propst die Pfarrei selbst versehe oder aufgebe. Da er sich dessen
weigerte, berief der Rat den Johann Dorfmann als Pfarrer,
welcher der Lehre Zwinglis ergeben war. Auch der katholische