Volltext: Geschichte des Fürstentums Liechtenstein

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von Spanien und Herzog der Niederlande, wurde sein Nach 
folger auf dem deutschen Kaiserthron. Der Papst tat Martin 
Luther in den Bann; er aber verbrannte die Bannbulle öffent 
lich und sagte sich von der katholischen Kirche los. Auf dem 
Reichstage zu Worms, wohin er befchieden worden, sollte er 
seine Lehre widerrufen; da er sich dessen weigerte, wurde er 
vom Kaiser in die Acht erklärt. Aber der Kurfürst von Sach 
sen schützte ihn und wies ihm die Wartburg zum Aufenthalt 
an. Dort verfaßte er viele Schriften gegen Lehren und Ein 
richtungen der Kirche, und weil er sie in volkstümlicher Sprache 
schrieb, wurden sie vom Volke begierig gelesen. Auch die Hei 
lige Schrift übersetzte er ins deutsche, aber mit willkürlichen 
Änderungen zugunsten seiner neuen Lehre. Die große An 
gelegenheit der Glaubensneuerung beschäftigte damals alle 
Gemüter. 
In der Schweiz erhob sich fast zu gleicher Zeit Ulrich 
Zwingli von Wildhaus im Toggenburg gegen die Lehren und 
Sakramente der Kirche. Von Zürich aus, wo er Pfarrer war, 
verbreitete sich seine Lehre in unsere Nachbarschaft. Jakob 
Russinger, Abt zu Pfäfers, stand mit ihm im Briefwechsel, 
auch Martin Seger, der Stadtvogt zu Maienfeld, und Jakob 
Salzmann, der Schulmeister von Chur. Unwissenheit und sitt 
licher Tiefftand mancher Geistlichen waren der Ausbreitung 
der Reformation sehr günstig. Manche Geistliche dieser Art 
fielen derselben zum Opfer, wie die Stifter selbst. Das Volk 
konnte von solchen Borbildnern nichts Gutes lernen; es ver 
sank mancherorts in Rohheit und Ausgelassenheit. 
Auf Bischof Heinrich VI. folgte in Ehur Paul Ziegler. 
Er war schon im Jahre 1503 zum Administrator des Bis 
tums gewählt worden; die päpstliche Bestätigung erfolgte aber 
erst 1506. Er stammte aus Nördlingen in Schwaben und sein 
Vater war durch Kaiser Friedrich III. geadelt worden. Er 
hatte als Administrator die volle geistliche und weltliche Ver 
waltung des Bistums, aber erst nach dem Tode des Bischofs 
Heinrich (der ihn als Administrator vorgeschlagen hatte) er 
hielt er den Titel und die Weihe eines Bischofs. Die Stellung 
des Bischofs Paul war von Anfang an eine schwierige. Die 
Gotteshausleute und an deren Spitze die Stadt Chur waren 
durch ihre Erfolge im Schwabenkriege sehr selbstbewußt ge 
worden und suchten die Herrschaftsrechte des Fürstbischofs im 
mer mehr einzuschränken. Dazu kam, daß der neue Bischof 
als Anhänger Oesterreichs zum voraus mit Mißtrauen auf 
genommen wurde. Paul Ziegler ging jedoch mit viel Klugheit 
und Mäßigung vor und es gelang ihm dadurch, die Zustände
	        

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