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Zwietracht in sein inneres Leben pflanzte, erholte es sich nicht
mehr. Bald schloffen die evangelischen oder neugläubigen
Stände besondere Bündnisse, was die katholischen zu gleichen
Maßnahmen zwang. So teilte sich das deutsche Reich zur
Freude der Franzosen in zwei Parteien, die einander dro
hend und bewaffnet gegenüber standen. Der Orden der Je
suiten, welcher in dieser Zeit entstand und schnelle Verbrei
tung über alle Länder der Christenheit fand, wehrte zwar
größerem Abfalle, zog sich aber dadurch den Haß der Neu
gläubigen zu. Auch die große Kirchenversammlung zu Trient,
welche mit vieler Mühe zustande kam, konnte den Riß nicht
heilen. Die Protestanten blieben ihr fern und so gab das
Konzil feine Vorschriften in Zucht und Lehre für die katho
lische Kirche und verdammte die davon abweichenden Lehr
meinungen. Das von den Feudallasten bedrückte Volk sah
sich nach Erleichterung und größerer Freiheit um. Es ent
standen die „Bauernkriege", welche dies und eine bessere
Reichsordnung bringen sollten; aber die sinnlosen und unge
zügelten Scharen der Bauern erlagen der geregelten Kriegs
kunst ihrer Herren, welche blutige Rache an den Unglücklichen
nahmen.
In solcher Zeit kamen die Landschaften Vaduz und Schel
lenberg unter die Grafen von Sulz.
2. Graf Rudolf von Sulz, Herr zu Vaduz. (1508—1535.)
Noch waren die Spuren von den Verwüstungen, welche
der Schwabenkrieg in unserer Landschaft angerichtet hatte,
sichtbar, als Graf Rudolf in derselben erschien. Die Befesti-'
gung des Schlosses Vaduz, welche Ludwig und Sigmund von
Brandis nicht vollenden konnten, brachte er zu Ende. Sie
bestand im Anbau zweier Rondelle mit Mauern von riesiger
Dicke zu beiden Seiten des Bergfrids, von denen das eine
im Jahre 1523, das andere im Jahre 1529 vollendet wurde;
beide wurden mit Geschütz wohl versehen.
Im Jahre 1510 erschien der Kaiser Maximilian in un
serer Nachbarschaft, zu Feldkirch. Die Bürger dieser Stadt
empfingen ihren Herrn mit großen Ehren. Zwei Jahre dar
auf siel am letzten Mai eine ungeheure Schneemasse, die den
Reben und Bäumen großen Schaden tat. Im folgenden Jahre
trat anfangs November eine so große Kälte ein, daß alle
Flüsse und Seen zufroren. Die Külte hielt an bis Pauli
Bekehrung. Da erschienen „etliche Gerichtsleute und Gewalt-