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4. Das Christentum in Rätien.
So war der Bau des weströmischen Reiches eingestürzt.
Auf seinen Trümmern siedelten sich die Deutschen an. Schreck
lich war die Verwirrung, unbeschreiblich waren die Leiden, bis
eine neue Ordnung sich gestaltete. Viele glaubten damals,
daß das Ende der Welt unfehlbar vor der Türe stehe.
Nur eines stand fest, während alles wankte und zu
sammen brach, es war der Bau und die heilige Ordnung der
christlichen Kirche. Sie zähmte die wilden Deutschen und schuf
die Welt neu. Sie war es auch, welche den Rätiern die von
den Römern empfangene Bildung bewahrte.
Der Verbindung mit Italien hatte es Rätien zu verdan
ken, daß das Christentum frühzeitig Eingang in seinen Tä
lern fand. Einer frommen Ueberlieferung zufolge war es der
hl. Petrus selbst, der durch seine Missionäre den ersten Samen
des Christentums in Rätien ausbreitete, weshalb die ältesten
Kirchen des Landes diesem hl. Apostel geweiht wurden, so die
in Mäls, Schaan, Mauren, Rankweil und manche in Bünden.
Auch christliche Soldaten und Kaufleute halfen mit. So lange
es ihnen nicht durch die Verfolgungserlasse der heidnischen
Kaiser verboten war, und im Geheimen auch nachher wirkten
sie mit den eigentlichen Glaubenspredigern in den ersten Jahr
hunderten am meisten für die Verbreitung des Evangeliums;
denn im römischen Heere befanden sich schon frühe sehr viele
Christen. Und römische Kaufleute durchzogen selbst die ent
ferntesten Provinzen und in den traulichen Herbergen erzähl
ten sie den Leuten vom christlichen Glauben. Auch werden sich
in den Zeiten blutiger Verfolgungen wohl manche Christen in
die stillen rätischen Berge geflüchtet haben. So mußte der
Kriegsoberste von Rätien, Atalikus mit Namen, all seinen
Eifer aufwenden, um dem Überhandnehmen des Christentums
Schranken zu setzen.
J Unter den ältesten Glaubensboten wird der hl. L u z i u s
/als Stifter der Kirche zu Chur verehrt. Er war ein Fürst in
England (Britannien). Damals waren viele römische Sol
daten in England stationiert. Luzius wurde durch einen Mis-
/sionär aus Rom zum Christentum bekehrt. Derselbe hieß
Timotheus. Seine Mutter war eine Engländerin. Derselben
Familie gehörte auch jene Luzina an, deren Gemahl über
England triumphierte. Luzius zog den Beruf eines Glaubens
boten dem eines Königs vor und begab sich auf das Festland
in die Länder der Heiden. Er kam nach Augsburg, der Haupt
stadt der Vindelizier und von dort über Bregenz und die