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Graf Hartmann zu Vaduz. Nach der gewalttätigen Sitte jener
Zeit mußte das Schwert über Recht oder Unrecht entscheiden.
Graf Rudolf blieb in einem hitzigen Gefechte, das im Dom-
lefchg vorfiel, Sieger. Heinrich von Räzüns und fein Gehilfe
Johann von Rietberg wurden gefangen. Die Knechte dieser
Herren aber verloren den Mut nicht; sie lauerten dem Grafen
Hartmann, der seinem Bruder zu Hilfe zog, auf, nahmen ihn
gefangen und vertrieben seinen Genossen von Ehrenfels von
„Leut und Gut". Also waren Vor- und Nachteil auf beiden
Seiten gleich und der Sieg unentschieden. Freunde legten
sich dann ins Mittel und der Graf von Sargans verzichtete
auf das strittige Erbe.
Im Reiche sah es immer noch trostlos aus. Seit die
Päpste nicht mehr in Rom, sondern in der französischen Stadt
Avignon, die allerdings päpstlicher Besitz war, wohnten, wa
ren meist Franzosen mit der päpstlichen Würde bekleidet,
welche unter dem Einflüsse der französischen Könige standen.
Darum verbanden sich die deutschen Kurfürsten zur Aufrecht
erhaltung der königlichen Rechte und König Ludwig erließ
die bekannte Konstitution von der Unabhängigkeit des Rei
ches. Jeder von der Mehrzahl der Kurfürsten gewählte König
solle ohne einer päpstlichen Bestätigung zu bedürfen, zur Aus
übung aller kaiserlichen Rechte befugt sein, indem die Kaiser
würde unmittelbar von Gott stamme, und wer diesem zuwider
handle, sei als Majestätsverbrecher zu behandeln. Das Inter
dikt, welches der Papst auf das Reich gelegt hatte, wurde für
aufgehoben erklärt. Der König unterschied also nicht zwischen
der Königswürde, die die Kurfürsten verliehen, und der Kaiser
würde, die nur der Papst mit der Kaiserkrone geben konnte.
Der König von Frankreich hätte nun einen Frieden zwi
schen Papst und König vermittelt, wenn Letzterer nicht durch
eine neue ruchlose Tat denselben vereitelt hätte. Er ging
damit um, die Margaretha Maultasch, Erbin von Kärnten
und Tirol, mit seinem Sohne Ludwig von Brandenburg zu
vermählen und so deren Staaten an sich zu bringen. Marga
retha aber war mit Johann von Böhmen vermählt und über
dies im dritten Grade mit dem Brandenburger blutsverwandt.
Sie trennte sich nun eigenmächtig (wegen angeblichen Unver
mögens) von ihrem Gemahl und wollte sich mit dem Bran
denburger verheiraten. Der Papst warnte die Margaretha
vor einer solchen Verbindung. Dessen ungeachtet fand die
Trauung auf dem Schloß Tirol statt, welcher Feierlichkeit
König Ludwig selbst beiwohnte. Der erwählte Bischof von
Freising, welcher sich dazu herbeigelassen hatte, die geistlichen