I. Abschnitt.
Die Grafen von Werdenberg-Sargans
zu Vaduz. 1328—1416.
1. Beschreibung des Landes.
Die Grafschaft Vaduz erstreckte sich vom Katharinen
brunnen südlich von Balzers bis an den Scheidgraben zwi
schen Schaan und Rendeln und vom Rhein im Westen bis
zum Schönberg im Osten. Die Herrschaft Schellenberg reichte
vom Scheidgraben im Süden bis zum Einfluß der Jll in den
Rhein im Norden. Ein schmaler Streifen am linken Ufer der
Jll gehörte noch zur Grafschaft Montfort-Feldkirch, namentlich
Tasters, von dem sich eine Linie dieser Grafen nannte. Die
Mitte des Rheines schied die beiden Ländchen Vaduz und
Schellenberg von Werdenberg, Wartau und Sax. Der Süd
grenze entlang zieht sich die Rätikonkette, von welcher drei
Ausläufer in nördlicher Richtung ausgehen. Zwischen dem
westlichen und mittleren liegt das Alpental des Saminabaches,
zwischen dem mittleren und östlichen das schöne Malbuntal.
Zwischen diesem Gebirge und dem Rheine liegt das schmale
Talland der Grafschaft Vaduz, meist durch Anschwemmungen
des Rheines und Abfälle des verwitternden Kalkgebirges ge
bildet. In den steilen Felsenklüsten sammelt sich das Geröll,
das bei Schlagwettern oder beim Auftauen des Schnees in
Bewegung gerät und zu Tal fährt. Diese sogenannten Rü-
finen haben die Oberfläche des Bodens vielfach verändert und
gegen den Fuß des Gebirges erhöht. Nie erlöschen diese
Rüsinen. Wie vom Gebirge ist das Land auch vom Rhein
bedroht, der das Rinnsal fortwährend erhöht. Darum sind
seit alten Zeiten im Lande drei Röten bekannt: Rüfinot,
Rheinnot und Föhnnot. Jeder im Lande, „der eigene Speise
kochte", war nach altem Herkommen verpflichtet, in diesen
Röten „mit Leib und Vieh" Hilfe zu leisten. Den größten
Teil der Grafschaft nimmt das Alpenland ein, dessen höchste
Erhebungen 2000 Meter übersteigen. Hier gab es in alter