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2. Die kirchlichen Verhältnisse.
Wir haben schon bemerkt, daß nach dem Tode des Bischofs
Johann I. vom Papste Ulrich V. Ribi, genannt von Lenz-
burg, zu seinem Nachfolger gewählt wurde. Er gehörte dem
Augustinerorden an und war Pönitentiar des Papstes zu
Avignon gewesen. Er war ein gelehrter und kirchentreuer
Mann. Doch war er um seine Stellung als Bischof von Chur
nicht zu beneiden, denn der hohe Adel Rätiens, der vom Bi
schof Lehen trug, war in jenen politischen Wirren nur dar
auf bedacht, seine Macht auf Kosten des Hochstiftes zu ver
größern. Diesem auf Raub sinnenden Adel war ein kräftiger
Bischof, der zur Kirche hielt, nicht willkommen. Das hatten
Ulrichs beide Vorgänger genugsam erfahren. Bischof Ulrich
schloß im Jahre 1333 mit dem Abt von Disentis, den Grafen
Albrecht I. von Werdenberg, Rudolf und Hartmann von Sar-
gans, mit Johann von Belmont, Albrecht von Sax, Heinrich
und Simon von Montalt ein Bündnis, in welches sie später
auch die Herren von Räzüns aufnahmen. Auch schloß der
Bischof einen Bund mit dem König Heinrich von Böhmen,
welcher Herr von Tirol war. Im Jahre 1338 wurde er von
den deutschen Bischöfen zu Papst Benedikt XII. nach Avignon
abgeordnet, um zwischen Papst und König den Frieden zu
vermitteln. Auf der Rückreise kam der Bischof mit dem Bi
schof von Konstanz zusammen. Da wurde dieser von Feinden
gefangen genommen und in eine Burg gesperrt, worauf der
Papst über diese Missetäter feierlich den Bann aussprach. Bi
schof Ulrich hielt zur österreichischen Partei und zum neuen
König Karl IV., wurde aber von Ludwig dem Baier in Tirol
gefangen und gefesselt auf das Schloß Tirol gebracht. Run
begann für den guten Bischof ein harter Leidensweg. Über
sechs Monate schmachtete er in der Gefangenschaft, seine voll
ständige Freiheit erhielt er überhaupt nie mehr. Ludwig der
Baier ließ nun fast alle bischöflichen Burgen durch seine Par
teigänger besetzen, zu denen auch Rudolf von Montfort und
Hartmann von Sargans gehörten. Der Bischof mußte, wenn
er auch auf kurze Zeit der Haft entlassen war, doch immer
wieder dahin zurückkehren. Den Kanonikus Ulrich von Mont
fort bestellte er zu seinem Stellvertreter in geistlichen und welt
lichen Dingen. In Tirol regierte nämlich Ludwigs von Baiern
Sohn gleichen Namens, den er auch zum Markgrafen von
Brandenburg gemacht hatte und der durch seine Gemahlin
Margaretha Maultasch auch Tirol bekommen hatte. Nach
dem plötzlichen Tode seines Vaters sah sich dieser genötigt,