Das Gespenst bei der Paula-Hütte
Jagdaufseher Jakob Marock stapfte auf seinem Dienst-
gang die Kehren des «Ruabsteigs» hinauf. Er gedachte
wie gewohnt in der Paula-Hütte zu übernachten. Es däm-
merte bereits, als er sein Ziel erreichte. Aus dem Rucksack
stellte er sein Abendbrot zusammen. Nachdem er noch
einige Zeit ins friedlich einschlummernde Tal hinunter-
geschaut und die Ruhe des Abends genossen hatte, suchten
erund sein Dackel das Nachtlager auf. Über ein Leiterchen
stiegen sie durch die Luke auf den Dachboden und mach-
ten es sich auf dem einfachen Lager bequem. Heute konnte
der Jäger einfach keinen Schlaf finden und erwälzte sich
von einer Seite auf die andere. — Doch was war das!? Wie
schon einige Male vorher hörte er über das Waldweglein
vom Brünnlein her ein Schlurfen und Trippeln. Vor-
sichtig öffnete er die Einstiegsluke. Eine hexengleiche
Gestalt mit weissen Haaren und Haarsträhnen über das
Gesicht herunterhängend machte sich an der Türe zu
schaffen. In seiner Aufregung rief er nur noch: «Wer
da? Was willst du?!» und schoss eine Schrotladung hin-
unter. Die Gestalt schrie auf und humpelte in den Wald
zurück. Von da an hatte er vor diesem unheimlichen Spuk
Ruhe.
Alois Ritter
nach einer Erzählung von Andreas Marock
Gastlichkeit im Wirtshausgarten
Unter Kastanienbäumen im Garten des Gasthaus Engel in
Nendeln hatten sich Richard Hönighaus und Lehrer
Hasler hingesetzt. Die Serviertochter erschien mit der
Cognac-Flasche und zwei Gläsern, wie es Hönighaus
bestellt hatte, denn er wusste seinem Kollegen viel zu er-
zählen und war auch grosszügig in der Gastfreundschaft,
wenn sich jemand um sein Hobby, der Jagd, die Berge
und die Paula-Hütte interessierte.
Die Serviertochter goss jedem. ein rechtes Mass voll
Cognac ins Glas. Die beiden Herren prosteten sich zu und
liessen die Gläser klingen. Hönighaus rief die Servier-
tochter noch einmal zurück, die mit der Flasche schon
wieder im Gastlokal verschwinden wollte: «Wir trinken
noch einen . . .» Die Serviertochter aber, sehr in Arbeit
steckend, stellte die Flasche vor die Gäste auf den Garten-
tisch und vermerkte lächelnd, dass sich die Herren selbst
bedienen könnten, soviel sie wünschten; und so ging sie
wieder. Nach geraumer Zeit, fast hätte sie die zwei Gäste
im Garten vergessen, schaute sie durchs Fenster, glaubte
aber ihren Augen kaum, eilte hinaus, fand die beiden
Herren über den Tisch geneigt . .. schnarchend . . . die
Cognac-Flasche war leer.
Emil Meier, Nendeln
nacherzählt von Adolf Marxer