Uniform. Sie gerieten in Aufruhr, als sie den Fremden
sahen, der zu Fuß mit einer so kleinen Handtoa-
sche daherkam; sie bogen sich weit über die Brü-
stung, um dem raren Vogel nachzusehen, den sie
vielleicht für einen preussischen Spion hielten.
Hier nun macht die Strasse, vermutlich um frem-
des Gebiet zu achten, ein Knie und biegt nach Sü-
den ab, in die Längenrichtung des Reiches. Ich
hatte noch volle drei Viertelstunden bis Vaduz, denn —
Spaß beiseite — ein paar Meilen weiter kann man auf
diesem Daumennagel, der ein Land heißt, immerhin
laufen und von seinem Nordpol bis zu seinem Südpol
sind es reichlich sechs Stunden. Ich überschritt unter-
wegs mehrere lustige Bäche, aus deren einem ich
abends Forellen speisen sollte, und ein einsamer Tele-
graphendraht war mein Begleiter, Vaduz selbst wollte
sich nirgends zeigen, es duckt sich so tief in allerlei
dichtes Grün, daß man selbst von der Eisenbahn aus
nur etliche Dächer wahmimmt, Schloß und Kirche na-
türlich abgerechnet. In tröstlicher Weise dagegen
mehrten sich die Bürgschaften dafür, daß in Vaduz für
den Durst trefflich gesorgt sei. Ich gelangte in eine Art
Weinregion und linker Hand insbesondere entwickelte
sich ein prächtiger Weingarten, den eine lange, feste
Mauer umfaßt; er gehörte dem Fürsten.
Zuletzt war der Ort doch erreicht und als eines
der ersten Häuser trat mir stattlich der Gasthof
zum goldenen Löwen entgegen. Wer könnte an
einem goldenen Löwen vorbeigehen? Ich traf es
gut darin; die schönen Forellen und der gesunde,
selbstgekelterte Vaduzer Rotwein, der seinen Tugen-
den nach nördlich an den Tiroler, südlich an den Veltli-
ner grenzt, seien dem Leser, der zufällig nach Liech-
tenstein geraten sollte, bestens empfohlen.
Ich konnte nicht umhin, noch denselben Abend,im
Grau der Dämmerung, Vaduz abzulaufen. Ich ver-
zeichne vorderhand eine lange, dörfliche Hauptstrasse,
zwar nicht beleckt von der Zunge des Pflasterermei-
sters und des Direktors einer Gasgesellchaft, aber zum
Teil mit ganz stattlichen Gebäuden besetzt. Sie senkt
sich ein Weniges gegen den Fuß der steilen Felsen hin,
auf denen das fürstliche Schloß steht, und führt an
dem schier festungsmäßigen Hause des Regierungs-
chefs oder Landesverwesers, (derzeit eines geborenen
Wieners) vorbei zur Kirche. Diese ist neu, in gotischem
Stil erbaut, mit gemalten Fenstern geschmückt und
darf füglich ein reizender Bau genannt werden. Ent-
worfen ist sie von einem Wiener Architekten, der seit
dem Bau jeden Sommer im liebgewonnenen Vaduz
verbringt. Die Baukosten hat zum großen Teil der
Fürst bestritten. Die Straße schien mir sehr gemütlich.
Das herrschende Fuhrwerk war, damals wenigstens,
der Heuwagen. Auf den Bänken vor den Haustüren
saßen die guten Leutchen von Vaduz beisammen und
sahen mir erstaunt nach, wehrten auch wohlwollend
ihren Hofhunden, welche meinen Einfall nicht ruhig
hinnehmen wollten, an ihrer Spitze der Hund des
Landeschefs, ein Tier von wahrhaft großstaatlichen
Dimensionen. In einem Laden hatte ich das patrioti-
sche Vergnügen, österreichische Cigarren mit österrei-
chischen Gelde bezahlen zu dürfen, denn unser
Monopol ist auch das Rauchgesetz für Liechtenstein
und unser Silbergulden läuft in dem glücklichen Länd-
chen als Hauptmünze um, gerade wie unser Marig-