Volltext: Balzers - vom Bauerndorf zur Industriegemeinde

1924 eröffnete Hans Tribelhorn, der bei Bachert & Cie als Kaufmann gearbeitet 
hatte, in Balzers einen kleinen Betrieb. Schon ein oder zwei Jahre später verlegte 
ar diesen Betrieb ins Amtshaus. Der Betrieb bestand aus einer Näherei, Glätterei 
und einer Aufmacherei. Er stellte vor allem Tüchlein her, ab ca. 1935 auch Kinder- 
kleider. Die Arbeit war denkbar eintönig — jahrelang musste etwa der gleiche 
Saum an den Tüchlein genäht werden. Trotzdem waren die Arbeiterinnen um diese 
Beschäftigungsmöglichkeit sehr froh. 1931 meldete die Gemeinde an die Regie- 
rung, dass ca. 40—50 Arbeiterinnen in diesem Betrieb arbeiteten und ca. 40 Ma- 
schinen betrieben wurden. Nach den übereinstimmenden Erinnerungen verschie- 
dener Arbeiterinnen waren normalerweise 70 bis 100 Frauen beschäftigt. Die 
Arbeiterinnen kamen auch aus Triesen und Triesenberg. Der Betrieb scheint sehr 
unter der allgemeinen Krise gelitten zu haben. 1931 wurde er von Kleinberger & 
Co in St. Gallen übernommen. Während des zweiten Weltkrieges ging er dann 
ein. Bis dahin war er der einzige Industriebetrieb in Balzers gewesen. Die Arbeits- 
verhältnisse waren schlecht. Der Betrieb machte oft Überstunden, die Lohnaus- 
zahlungen waren manchmal unpünktlich. Trotz dieser Bedingungen wollten die 
Arbeiterinnen ihren Arbeitsplatz auf keinen Fall gefährden. So verweigerten sie, 
als die Regierung eine Untersuchung durchführen wollte, die Aussage aus Angst 
entlassen zu werden. 
Eine Beschäftigungsmöglichkeit für Frauen bestand auch in der Heimarbeit. Diese 
wurde ebenfalls von der Textilindustrie vergeben und bestand vor allem in Näh- 
arbeiten. ; 
Nach dem zweiten Weltkrieg schoss die Industrie in Liechtenstein geradezu aus 
dem Boden. Die Bedingungen dafür waren ausgezeichnet. 
— Nach dem Weltkrieg setzte in allen Industrieländern eine Aufbauphase ein. 
Der Absatz der Waren wurde dadurch gesichert. 
Liechtenstein profitierte nun von den engen Beziehungen zur Schweiz, die 
sehr stabile Verhältnisse (Währung, Banken usw.) hatte. 
Aber auch in Liechtenstein selbst waren die Bedingungen günstig. Die vielen 
billigen Arbeitskräfte, die tiefen Löhne, die kaum vorhandene Besteuerung der 
industrie, das Bank- und Steuergeheimnis und die staatlichen Hilfestellungen 
beim Aufbau der Industrie — das alles lockte die ausländischen Unternehmer 
an. 
Die ausländischen Unternehmen hatten gegenüber den einheimischen nicht ge- 
ringe Vorteile, wie aus der folgenden Gegenüberstellung hervorgeht: 
Die ausländischen Unternehmen 
— brachten ein fertiges Produktionsprogramm mit; 
—. hatten oft langjährige Erfahrungen in der Industrie; 
Näherei als erster 
Fabrikbetrieb 
Hausarbeit 
Günstige Bedin- 
gungen nach dem 
zweiten Weltkrieg 
Vorteile der 
ausländischen 
Unternehmer 
47“
	        

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