— ]4 —
Prájudiz für einen künftigen Zollvertrag abgeben solle. Und
heute? Heute beruft man sich zu Gunsten des Zollvertrages
aui den ,bewáührten" Postvertrag. Man hätte auch damals
erkláren kónnen, ,gegemwártig" sei von einem Zollanschluss
keine Rede, obwohl er laut Einleitung der Botschaft damals
schon im Plane lag.
Unsere Oeffentlichkeit behandelt den Zollanschluss en ba-
gatelle. Liechtenstein ist nur ein Pünktchen auf der Weltkarte.
Auch der J-Tupf ist nur ein Pünktchen und bildet dennoch
einen integrierenden Bestandteil eines Buchstabens des Alpha-
bets. Und die Diplomatie hat nicht nur ihre eigene Sprache,
sondern zuweilen auch ihre eigene Schreibmethode: Sie setzt
zuerst den J-Tupf und lässt den Raum für den Unterbau dazu
vorläufig offen. Eben diese Leere unter dem Tupf ist es, die
uns beunruhigt, nicht als Buchser beunruhigt, sondern als Eid-
genossen, die vorläufig zum neuen grosshelvetischen Staats-
ideal noch nicht bekehrt sind.
Aber wir sind weit entfernt, uns der Erkenntnis zu ver-
schliessen: so selbstverständlich jedem Bürger die Unver-
letzlichkeit der Landesgrenze sein muss —.ihre Unveridnder-
lichkeit darf nicht ein starres Dogma werden! Die theoretische
Möglichkeit des Eintritts von Weltumständen, die ein Hinaus-
rücken unserer Grenzpfähle als eine unabweisbare Notwen-
digkeit für die Lebensfähigkeit unseres Landes erscheinen las-
sen, muss ohne weiteres zugegeben werden. Ob eine solche
Notwendigkeit der Grenzerweiterung und damit die Notwen-
digkeit, ein Prinzip unserer traditionellen Politik an einem
Pünktchen zu durchbrechen, heute tatsächlich vorliege oder
in absehbarer Zukunft zu erwarten sei, diese Frage zu entschei-
den fehlt uns die zureichende Sachkenntnis. Wenn sie bejaht
werden muss, dann möge sie im Hinblick darauf, dass ihre
Bejahung zweifellos, schon durch die Schaffung eines Präze-
denzfalles, von tiefgreifenden und heute nicht übersehbaren
Folgen für unser Land begleitet sein wird, nicht mit dem
Schleier eines Liebesdienstes verhüllt und nicht mit der
augenblicklichen und in kopfloser Ueberstürzung selbstver-
schuldeten Verlegenheit des Nachbars verquickt werden,
zumal dem Bedrängten mit einfacheren und den status quo
der Eidgenossenschaft in keiner Weise berührenden Mitteln
geholfen werden kann.
Es sind nicht allein am fernen Horizonte auftauchende
Gefahren von zur Stunde noch unbestimmten Umrissen, mit
denen die Verlegung der Grenze unser Land bedroht — mit
der Uebernahme und Ausübung von Hoheitsrechten und Ge-