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Rechnung bringt, so: „Wollen wir unsere politische
Grenze verlegen?"
Wenn die Botschaft zur Entkräftung unserer Einwände
darauf hinweist (Seite 9), dass Liechtenstein dank der Kündi-
gungsklausel es periodisch in der Hand habe, sich wieder in
den Vollbesitz seiner Souveränität zu setzen, so betrachtet
sie die Sache nicht vom schweizerischen, sondern vom liech-
tensteinischen Standpunkte aus. Für uns ist eine andere Be-
trachtungsweise geboten. Keine Regierung vermag die durch
die einmal vollzogene Zollunion freiwerdenden Assimilierungs-
kräfte auf die Dauer zu hemmen, auch wenn sie wollte. Wenn
es ihr aber überhaupt nicht daran liegt, die mit der Zollunion
einsetzende Entwicklung zu bremsen, wenn massgebende, sogar
allernächst interessierte Kreise im Liechtensteinischen auf die
Erhaltung der politischen Selbständigkeit keinen Wert legen,
ja, darin eine gern abzutretende Last erblicken sollten? Wie
dann? Dann mögen die Liechtensteiner den Verzicht mit sich
selbst ausmachen. Für uns aber erhebt sich die Frage: Ist
es für uns geboten, diesen Verzicht zu unsern Gunsten anzu-
nehmen? Ist die Zustimmung zu einem Wirtschaftsvertrage,
der uns mit allmáhlich wachsenden Souveránitütsrechten über
ein fremdes Land belastet, im Interesse des sch weizeri-
schen Staates? Ist es heute geraten, eine Gebietserwei-
terung ins Auge zu fassen, durch eine Zollunion vorzubereiten
und gar, wie es in einem Teil der Presse geschieht, durch
die Berufung auf die heute durch irredentistische Bestre-
bungen ominós gewordene und für uns Schweizer dreifach
omindse ,.Stammesverwandtschaft zu begründen? Oder ist
es heute, wo alles íliesst, rátlicher, mit allen uns zu Gebote
stehenden Mitteln, Eines vor dem allgemeinen Fluss zu
schützen: unsere politischen Grenzen?
Die Botschaft weist jeden Expansionsgedanken weit von
der Hand, sintemal ja auch jene Gebietserweiterung, die vor
wenig Jahren noch die Gemüter bewegte, „gegenwärtig“
(Seite 12) aus Abschied und Traktanden falle. Gegenwärtig!
Was heisst gegenwärtig?
„Pfeilschnell ist das Jetzt entflogen,
Ewig still steht die Vergangenheit“,
Dass die Logik der Tatsachen häufig unerwartete Wege
geht, haben wir in der Vorgeschichte des Zollvertrages im
eigenen Lande erlebt. In der nationalrätlichen Kommission
zur Beratung des Postvertrages mit Liechtenstein wur-
de aus dem Schosse des Rates die Zusicherung verlangt und
von höherer Stelle abgegeben, dass der Postvertrag kein