Volltext: 100 Jahre Blasmusik in Eschen

«Das Regenfest» 
Als am Sonntagvormittag die An- 
ragen, ob denn nun der Umzug 
stattfinde, das Telefon im Fest- 
ȟro heisslaufen liessen, wurde es 
dem diensthabenden Musikanten 
zu bunt. Anstatt die vielen Fragen 
zu beantworten, mimte er den au- 
:omatischen Telefonbeantworter 
nit den Worten «der Umzug fin- 
det statt, der Umzug findet statt, 
..». Der Festkassier Jürg Bok- 
staller soll angeblich beim Auf- 
stellen des Festumzuges auf die 
Strasse gekniet sein und gebeten 
haben: «Lieber Petrus, lass es nur 
eine halbe Stunde nicht regnen, 
ich zahl Dir Fr. 20.— aus der Fest- 
kassa.» Und siehe da, es half. 
Punkt 13.00 Uhr hörte es auf zu 
regnen, ja es guckte sogar zeitwei- 
se die Sonne hervor, und der Fest- 
zug erreichte trockenen Fusses 
das Festzelt. Doch kaum war der 
letzte Teilnehmer im Tor ver- 
schwunden, öffneten sich die 
Schleusen, und es goss wieder wie 
zuvor. (Die 20 Franken aus der 
Festkasse wurden dem Verneh- 
men nach tatsächlich dem Opfer- 
stock der Pfarrkirche Eschen 
übergeben.) 
nahe «revolutionäres» Fest, dieses 18. Verbandsmusikfest in Eschen. 
So erschienen im Festführer nicht nur die üblichen Beiträge, sondern 
auch durchaus kritische Artikel zu den Fragen der Zukunftsaussich- 
ten der Dorfmusik, der Frage «Trachten oder Uniform» mit Hinweis 
auf die damals recht umstrittene Subventionspraxis usw. In der 
Rückblende kommentierte das Liechtensteiner Volksblatt den Fest- 
führer: «Die Festschrift zum 18. Verbandsmusikfest in Eschen, aus 
der wir vorstehende Gedanken zitierten, kann sich sehen lassen. Sie 
versucht neue Wege anzudeuten und neue Möglichkeiten aufzuzei- 
zen, die dem etwas überholten «Festwesen» im allgemeinen neue 
Impulse und zweifellos auch neue Anziehungskraft verleihen 
könnten.» 
Die Harmoniemusik wagte an diesem Feste auch eine weitere 
Neuerung, indem sie die übliche, in der Regel viel zu lange Festrede 
einfach wegliess. Dies fand beileibe nicht nur eitel Zustimmung, und 
das Volksblatt kommentierte: «Während die Organisation dank dem 
Einsatz aller Beteiligten hervorragend klappte, konnte man sich des 
Eindrucks nicht erwehren, dass in der Spitze des Festkomitees nicht 
in allen Fragen Klarheit herrschte. Obwohl man das gänzliche Weg- 
lassen der Festrede als begrüssenswerten Versuch einer Neuerung 
bezeichnen könnte, stellte sich am Fest selbst heraus, dass dadurch 
ein tragendes Element der sonntäglichen Manifestation fehlte, umso 
mehr als kein Pendant dafür gefunden wurde.» 
Doch die positiven Kommentare zu den Neuerungen waren stärker, 
der Mut zum Neuen fand grosse Anerkennung. 
Mit der Abhaltung eines Wertungsspieles unternahm die Harmonie- 
musik Eschen beim Verbandsmusikfest 1975 einen weiteren gewagten 
Schritt. Es war dies wieder der erste Wettkampf seit 1946 in Triesen. 
Mit Ausnahme von Vaduz, Schaan, Triesenberg und Gamprin nah- 
men sämtliche Verbands- und Gastvereine an den Wertungsspielen 
teil. Als Kampfrichter amtierten Prof. Paul Huber (Schweiz), 
Prof. Franz Reiter (Österreich) und Musikdirektor Karl 
Stockmaier (Deutschland). 
Zum Auftakt des Festes verfolgten am Freitagabend über 2000 Perso- 
nen die «Tony-Marschall-Show». Für die Schüler hatte die Harmo- 
niemusik einen Instrumentenbastelwettbewerb ausgeschrieben, und 
am Samstagnachmittag konnten über 100 Arbeiten prämiert werden. 
Am Sonntag fand dann der Festumzug statt, an dem auch die Kinder 
mit ihren selbstgebastelten Instrumenten und alle Dorfvereine mit 
eigenen Kreationen teilnahmen. So war über 3 Tage für Stimmung 
und viel Abwechslung gesorgt, nur eines war alle Tage gleich — es 
regnete und regnete.
	        

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