Volltext: Briefmarkenskandal im Fürstentum Liechtenstein

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Ueber den Verlauf des Ver 
höres teilte die Gesandtschaft der 
hohen fürstlichen Regierung unter 
anderem Folgendes mit: „Hier 
Mußte das Verhör abgebrochen 
werden, da Berg erhärte zu er 
schöpft zu sein, um weiter zu kön 
nen. Hu bemerken ist, daß er bei 
diesem Verhör zuerst die größte 
Unverschämtheit und Frechheit zu 
tage legte, dann eine Ohnmachtsan 
wandlung, einen Selbstmordversuch 
Und einen Weinkrampf markierte, 
sodann bei vollster Gebrochenheit 
den unglaublichsten Trotz und Ver 
stocktheit an den Tag legte. Das 
zweite Verhör fand am 28. April 
statt, nachdem Berg am Tage zu 
vor eine Besprechung mit einem 
Advokaten gehabt hatte. Die Tak 
tik Bergs hatte bei diesem voll 
ständig umgeschlagen. Er erklärte, 
er wisse genau, daß niemand an 
ders als er gestohlen habe, er 
nehme den ganzen angerichteten 
Schaden auf sich, er war demütig, 
bescheiden und kriecherisch, lügte 
über in allen Details unentwegt 
weiter und machte bezüglich der 
Art, wie er die Diebstähle be 
gangen habe. Angäben, die absolut 
nicht stimmen können. Die ganze, 
wohlüberlegte Verantwortung 
machte den Eindruck, von irgend 
einem geschickteren Menschen, als 
Berg es ist, präpariert zu sein." 
.Anläßlich eines Verhöres am 2. 
Mai ließ der Gesandte Durchlaucht 
Prinz Eduards Herrn von Berg 
verhaften und bei der Polizei be 
quemte sich Herr von Berg endlich 
dazu, die Wahrheit vollkommen 
einzugestehen. 
Sehr auffallend ist mm, daß der 
Untersuchungskommission in Salz 
burg der Fall Berg vollständig 
verheimlicht wurde, sodaß sie erst 
in Wien hievon Kenntnis erhielt. 
Der Untersuchungskommission fiel 
in Satzburg auch auf» daß Herr 
von Berg dort bis zum letzten 
Tage ihrer Abreife immer noch 
das größte Vertrauen genoß, ob 
wohl Herrn Flesch die Unterschla 
gungen bekannt waren. Der Kom 
missionbericht sagt dazu: „Dieser 
Herr Berg konnte sich noch immer 
in diesen Bergen von Marken, die 
nur so hemmlagen, frei bewegen 
lund Generalsekretär Ritter von 
Franz erwähnte sogar gelegentlich 
einmal in Salzburg, daß Berg 
Freitags mit einem Markentrans 
port nach Wien verreise." Dies 
wurde jedoch von Ritter von Franz 
bei der Sitzung in Wien mit schar 
fen Worten zurückgewiesen. End 
lich sei noch aus einem Berichte 
des Obmannes der Untersuchungs 
kommission betreff den Fall Berg 
folgendes angeführt: „Eine für 
die Geschäftsführung geradezu nie- 
derschmettemde Eröffnung machte 
Berg bei der Pvlizeidirektion, wo 
er angibt, von der Verfchleißstelle 
20 o/o vom Nominale der verkauf 
ten Marken bekommen zu haben. 
Hiemit ist klipp und klar einge 
standen, daß ein Großteil der 
Marken gegen Uebernominale, sei 
es nun im In- vder Auslands 
verkauft worden ist, diese 20 .o/o; 
zehren ja den Zuschuß des Lan 
des von 10 p/q! und den, dem Kon 
sortium vertragsmäßig zugestan 
denen 10 a/oigen Spesenbeitrag, 
welchen die Käufer zu entrichten 
haben, vollends auf. .Aus welchen 
Mitteln nun bezahlte die Geschäfts 
stelle den Gehalt Bergs monatlicher 
10.000 Kronen, dann die anderen 
Gehälter. Mieten, Spesen und dgl.,
	        

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