Volltext: Beiträge zur geschichtlichen Entwicklung der politischen Volksrechte, des Parlaments und der Gerichtsbarkeit in Liechtenstein

sei?8d Dieses Schreiben und das Initiativbegehren fanden beim Landes- 
fürsten rasches Gehör. Er nahm sie zum Anlass, den Landtag aufzu- 
lösen. So wendet er sich in einem Schreiben vom 15. Juni 1928 an 
den Regierungschef: «Im Zusammenhange mit den bedauerlichen Vor- 
gängen bei der Spar- und Leihkassa, Vaduz, und im Hinblicke auf die 
mit zweifellosem Erfolge eingeleitete Initiative sehe Ich Mich ver- 
anlasst, mit Bezugnahme auf den Artikel 48 erster Absatz der Ver- 
fassung den Landtag aufzulösen. Ich beauftrage Sie hienach in Mei- 
nem Namen den Landtag unverzüglich aufzulösen.»?? Die Regierung 
demissionierte am 15. Juni 1928. Die Wahlen, die am 15. und 29. Juli 
1928 stattfanden, ergaben im Landtag ein stark verändertes Bild. Die 
Volkspartei verzeichnete im Wahlbezirk Oberland einen bedeutenden 
Rückgang ım Wähleranteil, auch wenn sie dies im ersten Augenblick 
nicht wahrhaben wollte.® Dies ist ein Wendepunkt in der liechten- 
steinischen Parteigeschichte. Von dieser Niederlage hat sich die Volks- 
partei nie mehr erholt. Die Bürgerpartei stellte nun im Wahlkreis 
Oberland vier Abgeordnete.* Der Volkspartei gehörten noch fünf 
Abgeordnete an.® Der Wahlbezirk Unterland bestand ausschliesslich 
aus Abgeordneten der Bürgerpartei.® Es ist naheliegend, dass auf- 
grund dieses Wahlergebnisses Volkspartei-Kreise den Proporzgedan- 
ken, der schon bei der Verfassungsberatung zur Diskussion stand, 
wieder aufgriffen. 
f) Proporzinitiative 
Am 5. September 1929 stellten Anhänger der Volkspartei ein formu- 
liertes Initiativbegehren auf Einführung des Verhältniswahlrechtes 
bei den Landtagswahlen. Das Initiativbegehren hatte gemäss Be- 
gründung zum Ziel, das «ungesunde Verhältnis in unserem Volks- 
und Parteileben zu beseitigen, den Parteihass und Parteihader zu 
28d Schlossarchiv. 
?9 LRA Landtagsakt S 1/1928. 
30 Die L.N. sprechen vom «knappe(n) Sieg der Bürgerpartei» (L. N. Nr. 85, 
21. Juli 1928). 
3 Es sind dies Ferdinand Risch, Vorsteher, Schaan, Georg Vogt, Balzers, Pfarrer 
Anton Frommelt, Triesen, und Heinrich Brunhart, Balzers. 
32 Es sind dies Josef Gassner, Triesenberg, Basil Vogt, Vorsteher, Balzers, Gustav 
Ospelt sen., Vaduz, Oswald Walser, Triesen, Franz Amann, Adlerwirt, Vaduz. 
3 Zu Abgeordneten wurden gewählt: Peter Büchel, Mauren, Emil Batliner, Mau- 
ren, Franz Josef Marxer, Eschen, Wilhelm Büchel, Gamprin, Franz Hoop, Rug- 
gell, Karl Kaiser, Schellenberg. 
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