Volltext: Beiträge zur geschichtlichen Entwicklung der politischen Volksrechte, des Parlaments und der Gerichtsbarkeit in Liechtenstein

widerspricht, dass das Verhältniswahlrecht, wie die Bürgerpartei zu 
bedenken gibt, nicht mehr eine Wahl der Volksvertreter, sondern nur 
mehr eine Wahl der Partei offenlässt.”? Die Konsequenz des Propor- 
zes ist die Legitimierung bzw. gesetzliche Verankerung der Parteien. 
So heisst es im Liechtensteiner Volksblatt in der Ausgabe vom 13. 
Februar 1932%®, der Proporz lege die Parteien gesetzlich fest. Das 
will die Bürgerpartei verhindern. Sie stellt daher als Konsequenz des 
Proporzes die Bildung einer tragfähigen Regierungsmehrheit in Frage, 
wobei sie in ihren Erwägungen den Bogen bis hin zur Diktatur spannt! 
Wir schreiben das Jahr 1935. Die Auseinandersetzung mit dem 
Liechtensteiner Heimatdienst ist in vollem Gange. Vor diesem Hin- 
tergrunde werden die folgenden Ausführungen des Liechtensteiner 
Volksblatt verständlich: «Wer die Mehrheit im Staate hat, bildet 
eine mehrheitliche Regierung aus den Reihen der Mehrheit. Das 
Land wird von ihr verwaltet, bis eben ‚der Volkswille eine 
andere Mehrheit schafft. Das bekäme nun ein wenig ein anderes 
Gesicht, wenn Parteien als legitimiert im liechtensteinischen Parla- 
mente einzögen. Es kann sich freilich, wie zuvor, eine Mehrheit für 
einen bestimmten Kurs im Lande aussprechen, er wird in der Bestel- 
lung der Regierung zum Ausdruck kommen müssen. Sicher zöge dann 
aber auch der berühmte Kuhhandel der Partei im liechtensteinischen 
Parlamente ein, das ist das, was unsere umliegenden Staaten, mit Aus- 
nahme der Schweiz, zur diktatorischen Regierungsform gedrängt hat. 
Das zeugt davon, dass dort die Erfahrungen mit dem proportionalen 
Wahlrecht nicht die besten waren. Selbst wenn eine an sich tragfähige 
Regierungsmehrheit im Lande besteht, ist es beim sogenannten parla- 
mentarischen System möglich, dass Zufallsmehrheiten eine Regierung 
unmöglich machen können. Eine andere Regierung tritt an deren 
Stelle, auch wenn dies für ein Land manchmal keineswegs zum Vor- 
teil gereichen mag. Die Parteien haben entschieden. Es kann sich in 
einem grossen Staatsgebilde immerhin noch erträglich gestalten, in 
einem kleinen Lande aber kann dies zur Katastrophe werden... Und 
ausgesprochen in dieser Zeit, wo die Lehrweisheit von der unum- 
schränkten Entfaltung des Individualismus und der unumschränkten 
Freiheit im Bestreben nach dem totalitären Staat eine Zwangsjacke 
erhält, schickt man sich in Liechtenstein an, Parteien zu legitimieren 
7 «Um die Verhältniswahl», L. V. Nr. 36, 23. März 1935. 
98 «Und der Proporz!», L. V. Nr. 18, 13. Februar 1932. 
190
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.