Volltext: Beiträge zur geschichtlichen Entwicklung der politischen Volksrechte, des Parlaments und der Gerichtsbarkeit in Liechtenstein

selbstüberzeugend zu entscheiden. Ich erachte nun das Proporzsystem 
grundsätzlich für unsere Verhältnisse nicht empfehlenswert, weil die 
innere Begründung des Systems bei uns fehlt. Unsere Parteien waren 
und sind mehr äusserlich, personalmässig bedingt, nicht aber durch 
innere notwendige Ausscheidung weltanschaulicher, wirtschaftlicher 
oder politischer Art. Wir alle wissen, und vor allem empfindet es das 
Volk, was wir diesem Parteienzwist zu verdanken haben oder, besser 
gesagt, haben opfern müssen. Die Quelle dieses Unsegens gesetzlich 
festzulegen, ist sicher nicht von Vorteil und auch nicht im Sinne der 
heutigen Bevölkerung. Die heutigen Umstände und die nähere Zu- 
kunft mahnen überdies zu doppelter Vorsicht und Verantwortung. 
Ich habe nie verfehlt, Ihnen diese meine Ansicht offen klarzulegen. 
Die Gründe meiner Stellungnahme sind nicht etwa abgeschwächt, 
sondern geradezu durch die Verhältnisse der jüngsten Entwicklung 
verschärft worden. Es widerspricht mir, jahrelang aus Überzeugung 
gegen eine Idee zu kämpfen und eines Tages aus blossem Opportunis- 
mus mich dafür einzusetzen. Es ist mir auch nicht möglich, einer Sit- 
zung des Landtages vorzustehen, in der aller Voraussicht nach dieser 
Beschluss gefasst werden soll. Ich erkläre ausdrücklich, weder Partei- 
abmachungen, noch den Parteifrieden damit sabotieren zu wollen. 
Im Gegenteil, geradezu aus dem Gedanken eines ehrlichen dauernden 
Friedens für die Zukunft sehe ich mich veranlasst, diesem Beschluss 
auch in letzter Stunde meine Bedenken entgegenzustellen. Unter die- 
sen Umständen bitte ich, meine Meinung nochmals zu prüfen und 
ersuche, mich von der weitern Teilnahme an der Verhandlung des 
Gegenstandes entschuldigt halten zu wollen.» Im Votum des Abgeord- 
neten Peter Büchel widerspiegelt sich das Dilemma der Bürgerpartei. 
Er führt aus: «Es fällt mir überhaupt schwer, dieser Verfassungsän- 
derung zuzustimmen. Es ist allbekannt, dass ich von jeher ein Pro- 
porzgegner war, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil ich be- 
fürchte, dass durch das Proporzgesetz und die Verfassungsabänderung 
ein gesetzliches Fundament für die Parteien geschaffen wird. Wenn 
nun solche da sind, wird man sich zu einer bekennen müssen. Ich 
habe von jeher betont, die Parteien sind der Untergang für das Land. 
Nachdem die Friedensverhandlungen im Frühjahr dieses Ergebnis 
gezeitigt haben und die Unterhändler versprochen haben, dass die 
Wahlen des Landtages im Jänner 1939 nach dem Proporzgesetz durch- 
geführt werden, muss ich mich wie andere Abgeordnete mit schwe- 
rem Herzen dazu bequemen, für diese Verfassungsänderung zu stim- 
men. Es geht einem zwar dies fast gegen die Überzeugung, doch viele 
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