Seit wann kann man von einem Vaduzer Wald sprechen? Diese Frage lässt
uns nach den Anfängen von Vaduz als Siedlung und den früheren Rechts-
und Besitzverhältnissen im Walde suchen.
Waldeigentum,
Rechts-
und Besitz-
verhältnisse
Vom Wald als Gemeingut zum
Herrschaftswald
Vaduz wird urkundlich erstmals um 1175 erwähnt. In den Anfängen seiner
Besiedlung, die sicher wesentlich weiter in die rätische Zeit zurückreicht, gab es
noch kein Waldeigentum im heutigen Sinne. Die ausgedehnten Auwälder in der
versumpften und gänzlich unkultivierten Talebene, der Hochwald auf den
Anhöhen der Rheintalseite und die Alpwälder, waren Gemeingut der Bewohner
unseres Landes. Der Wald und alles, was er den Menschen bot, erschien
ursprünglich als unbeschränktes Gut. Später mit dem allmählichen Ausbau der
Siedlungen und Anstieg der Bevölkerungszahl, erfuhr man den Wald und seine
Erträge als ein beschränktes Gut, dessen Nutzung oft umstritten war und
geregelt werden musste.
Im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit erlangten die Landesherren weit-
gehende forstliche Hoheitsrechte und ausgedehntes Waldeigentum. Im
hohenemsischen Urbar werden als eigene Wälder u. a. aufgeführt: «der gross
buechwaldt ob den Schlossgüetteren gelegen», «die hölzer, undt wäldt bey dem
Mayerhoff», «der Schwebel» und «Schaaner buechwaldt», «das ganze gesteudt
im Mühliholz», «Schaaner; Schweizer, undt Vaduzer au», «in Melbon zimlich
vill waldt», «die wäldt beim Bergwerckh in Valors biss an Melbon». Auch das
Holz in den nicht eigenen Wäldern gehörte zum Teil der Landesherrschaft,
die das sog. Holzschlagrecht ausübte. Die Landesherren hatten vor allem
wegen des Wildstandes, der ihnen als Inhabern des Jagdregals allein gehörte,
das Recht, die Gemeinds- und Genossenschaftswälder in Bann zu legen.
Die Gemeindsleute als Lehensinhaber oder Besitzer durften daraus nur ihren
eigenen Bedarf an Nutz- und Brennholz mit Erlaubnis der Herrschaft ent-
nehmen. Für Rodungen bedurften sie der Bewilligung der Landesherrschaft.
Von den zu Äckern oder Weinbergen kultivierten Böden bezogen die geistliche
und weltliche Obrigkeit den sog. «Neubruchzehnten».
Bis ins 19. Jahrhundert hinein blieben diese Rechts- und Besitzverhältnisse
wenigstens zum Teil bestehen. Die Landesherren hatten im Lauf.der Zeit die
eigenen Wälder grösstenteils an die Gemeindsleute verkauft und das Holz-
schlagrecht abgetreten. 1815 besass die Landesherrschaft in Vaduz lediglich
noch den Schloss- oder Schwefelwald. Das herrschaftliche Holzschlagrecht
wurde nur noch in einigen Alpwäldern ausgeübt, u. a. im Malbun, Valorsch und
auf dem Hahnenspiel. Bereits 1844 wurden auch diese letzten herrschaftlichen
Beholzungsrechte von den Alpbesitzern um insgesamt 6440 Gulden abgelöst.
Die «Stofelgenossenschaft» Vaduz hatte für Hintervalorsch, Malbun und
Hahnenspiel eine Ablösungssumme von 600 Gulden aufzubringen. Die uralten
Wald- und Holzfronen, die Verpflichtung der Untertanen, der Obrigkeit beim
Jagen zu helfen, Holz für herrschaftlichen Bedarf zu fällen und zu transpor-
tieren, wurden 1848 abgeschafft. Damit waren die mittelalterlichen Rechtsver-
hältnisse endgültig verschwunden.