Volltext: Zur heutigen Lage des liechtensteinischen Parlaments

Die voraussetzungslose Möglichkeit der Direktwahl stellvertretender Abgeordneter in Kommissionen, wie sie § 52 Abs. 1 GO vorsieht, sprengt die Grenzen analoger Stellvertretungsregelung, verstösst ge­ gen die Verfassung, selbst unter der Hypothese, dass die Stellvertre­ tung analog dem Landtag auch für parlamentarische Kommissionen und Delegationen als zulässig erachtet würde. Auch die Konstruk­ tion, dass der Stellvertretungsfall in die Bestellung vorverlegt und für alle potentiellen Kommissionssitzungen vorweggenommen wird, als ob alle Abgeordneten der betreffenden Fraktion, die nicht ihrer­ seits Kommissionsmitglieder sind, an der Teilnahme an allen künfti­ gen Kommissionssitzungen wann auch immer verhindert sein würden — wobei übrigens die «verhinderten» Abgeordneten derselben Frak­ tion durchaus, wie die Praxis zeigt, während der Existenzdauer der Kommission nicht verhindert sind, an Landtagssitzungen teilzuneh­ men —, lässt sich weder mit der Realität noch mit der Verfassung in Einklang bringen, nach welcher der Stellvertretungsfall immer erst im nachhinein bei konkreter Verhinderung eines bestimmten Ab­ geordneten zur Teilnahme an einer Sitzung gegeben sein kann.140 mo wenn gelegentlich bemerkt wird, dass zur Milderung der zahlenmässigen Un­ terbesetzung im Landtag und zur Erreichung einer besseren Arbeitsteilung die Mandatszahl bereits heute verdoppelt oder noch weiter erhöht werden müsste, wollte man auf das System der stellvertretenden Abgeordneten in der heutigen Form (15 Abgeordnete und 14 Stellvertreter im Normalfall; vgl. Anm. 136) verzichten, so bedeutet dies letztlich: weil das Volk eine Mandatszahlerhöhung abgelehnt hat, war man gehalten, eine ähnliche Wirkung durch die vermehrte Miteinbeziehung der Stellvertreter in die reguläre Landtagstätigkeit und durch die direkte Wählbarkeit (gleich ordentlichen Abgeordneten) in Kommissionen zu erzielen. Würde auf die heute dauernde Mitarbeit der stellvertretenden Ab­ geordneten im Landtag und seinen Kommissionen verzichtet, müsste die Man­ datszahl konsequenterweise bereits mindestens auf das Doppelte oder noch mehr erhöht werden. Aus Gründen der Legitimation generell und, in bezug auf Kom­ missionen, zur Einhaltung der Verfassung sowie gemäss dem zum Ausdruck gebrachten VolkswUlen (Ablehnung der Mandatszahlerhöhung) wird man da­ gegen sagen müssen: entweder sind die 15 Abgeordneten bereit, sowohl im Landtag wie in den Kommissionen bedeutend mehr zu arbeiten, oder es muss eine neue gemeinsame Anstrengung unternommen werden, die Mandatszahl wirksam zu erhöhen. Eine Mandatszahlerhöbung würde dank der Berücksichti­ gung breiterer Bevölkerungsschichten durch Abgeordnete auch eine Verminde­ rung der bei 15 Abgeordneten ganz natürlich gegebenen oligarchischen Ten­ denzen bedeuten. Ungelöst sind auch — bei der Wahl stellvertretender Abgeordneter in Kommissionen gemäss $ 52 Abs. 1 GO — organisatorische und informa­ torische Fragen: Wenn Landtagsgeschäfte in Kommissionen vorbereitet wer­ den, sollte es den mit der Materie vertrauten Kommissionsmitgliedern ermög­ licht sein, bei der Behandlung des betr. Gegenstandes im Parlament teilzuneh­ men, auch wenn es sich um stellvertretende Abgeordnete handeln sollte. Nun aber kann niemand einem Abgeordneten das Recht nehmen, an einer Land- tagssitzung mitzuwirken; er ist nach der Verfassung vielmehr zur Teilnahme an der Sitzung verpflichtet, wenn er nicht verhindert ist (Art. 53 Satz 1 Verf; 71
	        

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