Volltext: Zur heutigen Lage des liechtensteinischen Parlaments

schichte, dass schon im 19. Jahrhundert die Unterländer Minderheit von den damaligen Schutzmechanismen Gebrauch machte: Als 1877 — nach dem Streit um die Goldwährung sowie anschliessender Auf­ lösung des Landtags — im seinerzeitigen liechtensteinischen Gesamt­ wahlkreis die Neuwahl des Landtags durch die Wahlmänner (indi­ rekte Wahl) vorgenommen werden sollte und im 1. Wahlgang direkt 7 oberländische Abgeordnete (von total 12) gewählt wurden, befürch­ teten die Unterländer Wahlmänner eine Nichtberücksichtigung des Unterlandes und entfernten sich. Da nach § 87 der Verfassung von 1862 die Stimmabgabe von wenigstens 
2/s der Wahlberechtigten er­ forderlich war und die Unterländer über mehr als Vs der Wahlmänner verfügten, verhinderten sie eine Fortsetzung des Wahlganges, bis man sich auf eine Aufteilung in zwei Wahlkreise mit je festen Abgeord­ netenzahlen geeinigt hatte.129 Da das Unterland (zusammen mit dem fürstlichen Abgeordneten) fortan 6 Sitze hatte, begann das bereits erwähnte damalige 
2/3-Anwesenheitserfordernis für Parlamentsbe­ schlüsse — dessen war man sich bewusst — faktisch auch die Wir­ kung eines Minderheitenschutzes für das Unterland zu entfalten,180 wiewohl schon die Verfassung von 1862 den Abgeordneten die Pflicht zum Erscheinen an den Sitzungen auferlegte (§ 102). Nach der For­ mierung der Parteien kam es dann mehrere Male zu einer Sprengung des Landtags durch die jeweilige Minderheitsfraktion. Alexander Frick spricht in diesem Zusammenhang 1956 von einem «Kampfmit­ tel der Lahmlegung des Landtages durch Nichterscheinen der Abge­ ordneten zu den anberaumten Sitzungen», das schon «mehrmals zu einer vorzeitigen Auflösung und Neuwahl des Parlaments» geführt habe, und bemerkt, dass derartige Parlamentsauflösungen «nur in allerschwersten Situationen in Erwägung gezogen werden» sollten.131 Ein Selbstauflösungsrecht besitzt der Landtag nicht (vgl. Art. 63 Verf). f) Die parlamentarische Stellvertretung Die einschlägigen Bestimmungen in bezug auf die 
Wahl der stellver­ tretenden Abgeordneten lauten: 129 Albert Schädler, in: Jb 1903, 29—37. 180 Albert Schädler, in Jb 1903, 35, dortige Anm. lj Peter Geiger, in: LPS 8. 181 Vortrag vom 8. 4. 1956 an der Volkshochschule Schaan «Liechtensteins Blick in die Zukunft», in: Sendung im Abendland, Vortragsreihe 1955—56, hrsg. Volkshochschule Schaan, 99. 62
	        

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