Volltext: Zur heutigen Lage des liechtensteinischen Parlaments

tung des über allen Gewalten stehenden Staatsgerichtshofes als Hüter der Verfassung mit konkreter und abstrakter Normenkontrolle — z. B. können 100 Stimmfähige jede Verordnung binnen einem Monat nach deren Erlass wegen Verfassungs- oder Gesetzeswidrigkeit an­ fechten! —, wobei gegen die Entscheidungen des Staatsgerichtshofes selbst nochmals ein Rechtsmittel, die Vorstellung417, gegeben ist. Von Gregor Steger stammt der Ausspruch, Liechtenstein sei nicht nur ein Rechts-, sondern auch ein «Rechtsmittelstaat». In diesem nach Ge­ waltenteilung, Absicherungen und Kontrollen ausgerichteten System ist es entscheidend, dass jedes Glied seine Funktionen wahrnimmt. Dies gilt umsomehr für ein zentrales mitbestimmendes und andere Gewalten kontrollierendes Organ wie das Parlament, sonst schmilzt das Freiheit und Schutz verbürgende und machttemperierende System der geteilten Gewalt wiederum ineins zusammen. hiezu Ritter, 53ff.)- Die Richter sind politisch unabsetzbar (wobei die Amts­ dauer mit derjenigen des Landtags zusammenfällt) und politisch niemandem verantwortlich, im Unterschied zu den Regierungsmitgliedern, die dem Fürsten und dem Parlament verantwortlich und absetzbar sind. Geht man somit davon aus, dass die Verwaltungsbeschwerde-Instanz eine Gerichtsbehörde ist, so erscheint es als fraglich, ob die Bestimmung von Art. 90 Abs. 6 LVG, insofern sie eine Beschwerde an die Verwaltungsbeschwerde-Instanz gegen Verwaltungsentscheide oder -Verfügungen 
der Regierung etc. zulässt, wenn «Interessen des Beschwerde­ führers unmittelbar unzweckmässig oder unbillig behandelt worden sind», mit der Verfassung vereinbar ist. Dasselbe gilt für Art. 100 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 4 LVG. Durch diese Bestimmungen des LVG ist der Verwaltungsbe­ schwerde-Instanz in gewissem Rahmen die Stellung einer Oberverwaltungsbe­ hörde zugewiesen mit der Befugnis, im Verhältnis zur Regierung anderslautende Zweckmässigkeits- oder Billigkeitsentscheidungen vorzunehmen (vgl. auch Rit­ ter, 103ff., 119ff.). Durch diese Gesetzesbestimmungen wird das verfassungs­ rechtliche Prinzip der Gewaltenteilung verletzt, und es ist dem Fürsten und dem Landtag auf der Stufe der Verwaltungsbeschwerde-Instanz die politische Kontrolle über die Verwaltung entzogen. Während nämlich die Regierung (un­ beschadet der Verbindlichkeit ihrer Verwaltungsakte) dem Fürsten und dem Landtag politisch verantwortlich ist und politisch abberufen werden kann, ist die Verwaltungsbeschwerde-Instanz wegen allfälliger Zweckmässigkeits- und Billigkeitsentscheide weder dem Fürsten noch dem Landtag politisch verantwort­ lich oder politisch absetzbar. Damit entzieht sich die Verwaltung auf der Stufe der Verwaltungsbeschwerde-Instanz der politischen Kontrolle, dank der rich­ terlichen Unabhängigkeit und politischen Unabsetzbarkeit, d. h. dank einer Stellung, die der Verwaltungsbeschwerde-Instanz notwendig und zu 
Recht zu­ steht, insofern sie Gerichtsbehörde, nicht aber insofern sie Verwaltungsbehörde ist. Oder anders ausgedrückt: diese Regelung bewirkt eine Art monistische (aber im Unterschied zum Sonderfall des Notrechts eine von der Verfassung nicht vorgesehene) Durchbrechung des differenzierten, gewaltenteiligen Staatsauf­ baues. 817 Art. 41 StGHG. Bis 1979 war gegen jede Entscheidung oder Verfügung des Staatsgerichtshofs das Rechtsmittel einer einmaligen Vorstellung gegeben. Seit­ her ist das Rechtsmittel der Vorstellung nur offen, wenn der Staatsgerichtshof eine Entscheidung oder Verfügung als erste und einzige Instanz getroffen hat (LGBl. 1979/34, $ !)• 176
	        

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