Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2000) (99)

DIE SCHLACHT BEI TRIESEN AM 12. FEBRUAR 1499 CLAUDIUS GURT wohlgesinnte Verfasser der «Acta»-. «Und warlich, wo man sich uss dem schloss nur ain wenig ge- wert, sy [die Eidgenossen] netten dass nit belägert, gestürmpt noch geprent. Dan als sy dass selbs sa- gen, so waren sy nit darzu gerüst, noch darumb da.»73 Eine feige Entscheidung, getroffen von ei- nem gewissenlosen Landesherrn, den das Schick- sal seiner Untertanen nicht kümmerte? Wohl kaum. Vielmehr muss dem Brandiser seine äus- serst heikle Lage im Aufmarschgebiet zweier sich zur endgültigen Entscheidung gegenüberstehenden Machtblöcke bewusst geworden sein. Auf welche Karte sollte er denn in dem unausweichlich gewor- denen Krieg setzen? Auf die schwäbische? Immer- hin war er als Mitglied des Schwäbischen Bundes und Teil des Römischen Reiches dem Kaiser und seiner Reichspolitik verpflichtet. Auf die eidgenös- sisch-bündnerische? Über die Herrschaft Maien- feld war er ja mit den Drei Bünden und indirekt so- gar mit den Eidgenossen liiert. Sollte er sich denn wirklich für eine Seite entscheiden? Konnte er an- dererseits überhaupt abseits stehen? Das hier an- gedeutete Dilemma, in dem sich die brandisische Politik am Ende des 15. Jahrhunderts befand, lässt das auf den ersten Blick zugegebenermassen zwie- spältige Verhalten Ludwigs von Brandis doch in ei- nem etwas verständlicheren Licht erscheinen. So macht sein Versuch, auf dem Verhandlungswege die absehbare vollständige Verwüstung seines Lan- des zu verhindern, durchaus Sinn, denn was in Balzers und Triesen passiert war, liess nur das Schlimmste befürchten. Mit einer wenn auch ledig- lich auf das Prinzip Hoffnung setzenden Taktik des Verhandeins mit dem Feind war für den Brandiser zwar weder bei den Zeitgenossen noch bei der Nachwelt unsterblicher Heldenruhm zu holen, für sich und seine Untertanen jedoch konnte sie eine reelle Chance bieten, der schrecklichen Zer- störungswut und masslosen Beutegier einer fanati- schen Soldateska nicht völlig auf Gedeih und Ver- derben ausgeliefert zu sein. Das Angebot Ludwigs von Brandis, für den Verzicht auf Plünderung und Brandschatzung den Eidgenossen eine Brand- schatzungssumme von 20 000 Gulden zu zahlen, hätte auch beinahe die erhoffte Wirkung erzielt, 
wenn nicht einmal mehr das Geschehen der Stunde von den auf Beute erpichten Kriegsknechten dik- tiert worden wäre: «Und hatt her Ludwig von Brandiss mit ynen [den eidgenössischen Hauptleu- ten] für sich und sin arm lüt [seine Untertanen] an- gefangen zu tädingen [verhandeln] und inen zuo brandschatz 20 000 gülden gebotten, und als man in der täding gewesen, ist ain rot [Rotte] muotwilli- ger gesellen hininkommen; die haben flucks angrif- fen, kamern und kisten ufgebrochen, genomen und usstragen, wass sy funden haben von gelt, klaider, clainoten, und ist ain wild wäsen gsin.»74 Für den gemeinen Kriegsmann war dies wohl die einzige, auf jeden Fall aber die sicherste Art, sich seinen Anteil am grossen Beutekuchen zu verschaffen, denn wieviel von der ausgehandelten Brandschat- zungssumme, falls überhaupt etwas, auf ihn fallen würde, diese Entscheidung lag in der Hand der Hauptleute. Und dass diese, zumindest aus der Sicht ihrer Untergebenen, mitunter eigenartige Vorstellungen vom Teilen der Beute hatten, bewei- sen die andernorts vielfach überlieferten diesbe- züglich entstandenen Streitigkeiten zur Genüge. Für den Brandiser blieb unter diesen Umständen 64) Roder, Christian. Regesten und Akten zur Geschichte des Schweizerkriegs 1499. In: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 29 (1900), S. 71-182, hier Nr. 65, S. 91. 65) Vgl. «Acta» (wie Anm. 43), S. 10 f.; Wiler Chronik (wie Anm. 42), S. 173 f.; die nach Wanger (wie Anm. 52), S. 105 zitierte Stelle aus der Chronik des Johannes Stumpf; Zellweger (wie Anm. 28). Nr. 605. S. 302 f. 66) Anselm, Berner Chronik (wie Anm. 52). S. 116 f. 67) Büchi, Freiburger Chronik (wie Anm. 17). S. 568. 68) «Acta» (wie Anm. 43), S. 10 f. 69) Brennwald, Schweizerchronik (wie Anm. 32), S. 356 f. Vgl. auch Wiler Chronik (wie Anm. 42), S. 173 f.; Zellweger (wie Anm. 28). Nr. 605, S. 302 1'. 70) Anselm, Bei ner Chronik (wie Anm. 52), S. 117. 71) Brennwald. Schweizerchronik (wie Anm. 32), S. 357 f. 72) Wiler Chronik (wie Anm. 42), S. 177 f. 73) «Acta» (wie Anm. 43), S. 10 f. 74) Ebenda. 177
	        

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