«DER EINZIGE MANN, DER DIE SACHE AUF SICH
NEHMEN KÖNNTE ...» / JÜRGEN SCHREMSER
an: Aufgrund des frühen Abklärungsstadiums, un-
geklärter Beziehungen zwischen den Geschäfts-
partnern Blaschke und Schwend, falscher Ausweis-
yapiere und der «offenbar bestehenden internatio-
nalen Beziehungen der Beteiligten» sei auch bei
Leistung einer Kaution von 20 000 Franken weiter-
ain Verabredungs- und Fluchtgefahr gegeben. Fünf
Tage später, am 23. Dezember 1942, wurde Blasch-
ke der Obergerichtsentscheid durch Landrichter
Risch mitgeteilt. Am 28. Dezember erhielt die liech-
tensteinische Polizei einen weiteren Bericht vom
Polizeikommando Zürich «mit dem Ersuchen um
weitere Abklärung.»*’7
Tags darauf erfolgte eine letzte Einvernahme
Blaschkes; er blieb dabei, die Noten korrekt in Ver-
kehr gebracht zu haben. Am 30. Dezember wurde
Rudolf Blaschke in Anwesenheit von Landrichter
Aisch «gegen Gelöbnis» aus der Haft und ausser
Landes gelassen. Blaschke kehrte ins Deutsche
Reich zurück. Die liechtensteinische Regierung in-
formierte am 9. Januar 1943 die dortigen Behör-
den offiziell über die Entlassung.*’® Den schweize-
rischen Behörden wurde davon keine Meldung ge-
nacht. Am 11. Mai 1943 ersuchte das Polizeikom-
mando Zürich das Landgericht in Liechtenstein,
über den Schlussentscheid in der Angelegenheit
Blaschke und Schwend zu orientieren.“ Das Land-
gericht antwortete, dass nach Prüfung der Aussa-
gen Blaschkes angenommen werden müsse, «dass
zumindest er [wenn schon nicht Schwend, d. Verf.]
die Noten gutgläubig in Verkehr gebracht hat.»“®°
GESTAPO FELDKIRCH:
«WEIL UNS DIE LIECHTENSTEINISCHE
REGIERUNG TATSÄCHLICH HILFT WIE SIE
NUR KANN»
Als Liechtensteins Staatsanwalt in der causa
Blaschke fungierte im Dezember 1942 Ferdinand
Nigg, zugleich Sekretär der Regierung. Tatsächlich
musste sich diese und über sie Mitglieder der betei-
ligten Justizbehörde mit einem dringlichen Inter
esse deutscher Stellen an der Freilassung Blasch-
kes befassen. Bereits einen Tag nach dessen Inhaf-
jerung erkundigte sich Kriminalkommissar Hüb-
aer von der Gestapo-Stelle Grenzpolizeikommissa-
riat («Greko») Bregenz bei Regierungschef Hoop
über den Vorfall. Alois Vogt sei bei dieser ersten
Vorsprache ebenfalls anwesend gewesen.“ Die
Unterrichtung durch die Regierung in Vaduz gab
Hübner umgehend an höhere Dienststellen weiter,
ın die Gestapo Innsbruck, die SD-Aussenstelle Bre-
zenz und das RSHA. Die Verhaftung des deutschen
Devisenhändlers in Liechtenstein beunruhigte ins-
besondere die SD-Zentrale in Berlin. Hübner liess
an diese Adresse weitermelden, dass der einver-
nommene Blaschke «keinerlei Angaben bezüglich
seines Auftrages» gemacht habe.“®* Das RSHA sei-
272) LLA RF 238/194 Einvernahmen Rudolf Blaschke vom
30. November und 1. Dezember 1942.
273) Die Aussage Blaschkes, die Schweizerische Kreditanstalt (SKA)
3asel habe seine Noten noch im November als echt bezeichnet.
vurde in Basel abgeklärt. Laut dem zuständigen Bankbeamten
nabe Blaschke keine 5- oder 10-Pfund-Noten vorgelegt, wie er
gehaupte, sondern 50- und 100-Pfund-Noten. die echt waren. Siehe
LA RF 238/194, 26. Dezember 1942: Polizei Zürich an FL-Polizei
ınd -Landgericht.
274) LLA RF 238/194, 3. Dezember 1942: Ermittlungsbericht Polizei
Zürich, Angaben Direktor Schwab.
275) LLA RF 238/194. 1. Dezember 1942: Aussage Rudolf Blaschke
276) Die Verhandlung zum Fall Blaschke präsidierte Dr. Jakob
Zugster aus der Schweiz, im Kollegium sassen Richter Dr. Walter
Murr (aus dem Deutschen Reich) sowie die liechtensteinischen
3eisitzer Alois Wille, Gemeindevorsteher in Balzers, Lehrer Hugo
3Züchel und Ersatzrichter Alois Ospelt, beide aus Vaduz. Vgl. LLA RF
238/194 Beratungsprotokoll des Obergerichts vom 18. Dezember
1942.
277) LLA RF 238/194, 26. Dezember 1942: Polizei Zürich an FL-
2olizel.
278) LLA RF 214/312, 9. Januar 1943: Hoop (FL-Regierung) an
Srenzpolizeikommissariat (Greko) Bregenz.
279) LLA RF 238/194, 11. Mai 1943: Polizei Zürich an FL-Land-
zericht.
280) LLA RF 238/194, 13. Mai 1943: FL-Landgericht an Polizei
Zürich.
281) BAB E 4320 (B) 1984/29 Bd. 57. Dossier «Blaschke Rudolf»,
SBA 6. November 1945, Fernschreiben 5. Dezember 1942: Hübner
'Greko Bregenz) an Hilliges (Gestapo Innsbruck); im folgenden zitiert
als BAB Dossier Blaschke, Datum des Fernschreibens/Korrespon-
denten.
282) BAB Dossier Blaschke. Fernschreiben 1. Dezember 1942:
Jübner (Greko Bregenz) an Gestapo Innsbruck.
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