Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (98)

idee einer antibolschewistischen Allianz einge- 
gangen, die «Schaffung eines Heimatbundes auf 
überparteilicher Grundlage» habe er begrüsst.““ 
Die praktische Umsetzung solcher Kooperations- 
vorschläge liessen Alois Vogt und seine Begleiter 
von der VU-Führung allerdings in der Schwebe. 
Zum Erstaunen Sichelschmidts stellte Vogt Kalkül 
und Ressentiment der Landespolitik in den Vorder- 
grund: Er und Dr. Schaedler hätten kein Programm 
(ür die VU, diese Partei sei «lediglich das Instru- 
ment zur Unterbauung ihrer persönlichen Positio- 
nen in der Regierung und im Landtag». Ausserdem 
habe Vogt den nationalsozialistischen Charakter 
der VDBL bestritten, «sie [die VDBL, d. Verf.] sei 
lediglich ein Sammelbecken der grundsätzlich 
oppositionell Eingestellten.»*°3 Sichelschmidts ab- 
schliessende Einschätzung der VU-Haltung doku- 
mentiert Realitätssinn und Verachtung des «gross- 
deutsch» gesinnten SS-Führers gegenüber den un- 
entschlossenen Liechtensteinern: 
«Es zeigt sich, dass Männer wie Dr. Vogt und 
Dr. Schaedler einfach nicht in der Lage und Willens 
sind, direkt auch nur die kleinsten Entschlüsse 
zu fassen. Neben der liberal-parlamentarischen 
Grundeinstellung dieser Männer tragen daran 
natürlich die engen Verhältnisse in Liechtenstein 
schuld, die aus jedem kleinen Problem gleich eine 
Staatsfrage erster Ordnung machen. Hinzu kommt, 
dass sie offenbar klare Festlegungen aus politi- 
schen Gründen nicht wollen, dass ihre Verhand- 
‚ungsbereitschaft mit der Volksdeutschen Bewe- 
gung und Reichsstellen also nur dem Gebot der 
politischen Klugheit entspricht, sich für alle Fälle 
nach der nationalsozialistischen Seite hin den Weg 
offen zu halten.»%** 
Sichelschmidt gab die Hoffnung auf eine völ- 
kische Zusammenarbeit in Liechtenstein nicht ganz 
auf. Bereits vor der Besprechung war Klaus Huegel 
vom SD Stuttgart zum «ständigen Verbindungs- 
‚ührer» der VOMI für Liechtenstein bestellt wor- 
den. Nun war es an Huegel, für die Umsetzung der 
gesprochenen Kooperationsanregungen — <«Hei- 
matbund» und «Antibolschewistisches Komitee» — 
besorgt zu sein. Huegels Beauftragung dürfte das 
Ende einer vom Reich beförderten, anschlussorien- 
:jerten Volkstumspolitik in Liechtenstein besiegelt 
haben. Das Vorhaben einer Fusion von VDBL und 
VU scheint durch Absprachen zwischen Auswär- 
tigem Amt und RSHA im April 1943, einen Monat 
nach Friedrichshafen, aktenmässig abgeschlos- 
sen.°> Zur selben Zeit wurde Klaus Huegel nach 
Berlin ins RSHA berufen und Leiter des Schweiz/ 
Liechtenstein-Referates des SD. 
Im Arbeitsgebiet Huegels war der neutrale 
Kleinstaat vorab nachrichtendienstlich interessant. 
Seit Sommer 1942 streckte Huegels Chef im RSHA, 
Walter Schellenberg, vorsorgliche Friedensfühler 
in der Schweiz aus.“ Huegel konnte seinen liech- 
tensteinischen Vertrauten Alois Vogt 1942 und 
1943 in dieser Angelegenheit gewinnen, als Mit- 
telsmann zum englischen Generalkonsul Cable.%67 
Vogt wurde ausserdem in zwei Fällen um nach- 
richtendienstliche Hilfestellung angegangen. Sol- 
ches erfolgte nach Friedrichshafen, im Sommer 
1943; auch mit Verweis auf die Unterstützung des 
SD bei der Ausschaltung der VDBL. In Liechten- 
stein selbst wurden Herausgabe und Vertrieb des 
VDBL-Organs «Der Umbruch» am 8. Juli 1943 per 
Regierungsverfügung eingestellt.
	        

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