«DER EINZIGE MANN, DER DIE SACHE AUF SICH
NEHMEN KÖNNTE ...» / JÜRGEN SCHREMSER
1940 reorganisiert. In ihrer Führung standen junge
Akademiker, ihre Anhängerschaft wuchs, die na-
tionalsozialistische Propaganda konnte deutsche
Kriegserfolge ausbeuten. Basis der VDBL-Politik
blieb nach Auffassung von Landesleiter Dr. Alfons
Goop «das rassisch und blutmässig, von Natur aus
deutsche Völklein Liechtensteins.»*'” Der Wirt-
schaftsanschluss an das Deutsche Reich war in
den VDBL-Statuten festgehalten, das Endziel des
Totalanschlusses behielt man im Auge.“'® Landes-
leiter Goop versuchte wiederholt Alois Vogt, den er
als «entschieden deutschfreundlich» einschätzte,“!*
für die Sache der VDBL zu gewinnen. Diesbezüg-
liche Gespräche mit Vogt führte Goop im Juli und
August 1940. Die Versuche, über den Partei- und
Regierungsmann Vogt zu einer völkischen Allianz
von VU und VDBL zu kommen, dauerten letztlich
bis ins Jahr 1943. Im Sommer 1940 machte Alois
Vogt auf VDBL-Leiter Goop einen unentschlossenen
und reservierten Eindruck. Von der «Notwendig-
keit einer Erneuerung des Volkstumsgedankens»
aabe er Vogt nicht überzeugen können.*“°
Interessant ist Vogts Entgegnung zur Forderung
eines Wirtschaftsanschlusses an das Deutsche
Reich. Hier ging der Regierungschef-Stellvertreter
auf die VDBL-Position ein und bezeichnete zwei
Voraussetzungen. Die beste Lösung war gemäss
Alois Vogt «wenn sich der Fürst aufraffen könnte,
die Sache [den Wirtschaftsanschluss, d. Verf.] zu
bereinigen.» Zweitens wies Vogt auf eigene Son-
dierungen hin, die er in Berlin vornehmen wolle.
Abzuklären wäre, «ob das Deutsche Reich auf
einen Wirtschaftsvertrag mit Liechtenstein eingeht
oder nicht.»??! Die Stellungnahme des Regierungs-
chef-Stellvertreters erfolgte am 20. August 1940.
Nur wenig später, am 12. September 1940, meldete
der RSHA-Chef Heydrich einen erneuten Vorstoss
Alois Vogts. Dieser galt, wie erwähnt, nicht dem
SD selber, sondern über ihn einer «zuständigen
Reichsstelle in Berlin». Heydrich nahm im An-
schluss daran Bezug auf «die Auffassung liechten-
steinischer Kreise über einen Zollanschluss Liech-
tensteins an das Reich». War damit die VDBL ge-
meint? Sie war die organisierte Verfechterin des
Anschlussgedankens und seit 1938 reichsdeut-
schen Stellen bekannt. Goop sandte seine Berichte
zur Anschlussfrage und zur Haltung Alois Vogts
ebenfalls ins Reich.*“*
Kreuzten sich im September 1940 die Wege
Vogts und der VDBL?
In der Wahrnehmung der deutschen Stellen
beim SD gingen sie konform, Vogt erschien als Pro-
motor des von Landesleiter Goop erstrebten An-
202) Zitat Feldscher in LLA O. S, Sammelakt NS, Dok. Nr. 484855
184865, S. 2. Im folgenden mit Seitenangaben zitiert als «LLA
Gedächtnisprotokoll 1940».
203) Verhandlungsdokumente finden sich in LLA RF 199/416. Ein
auf den Zollvertrag gestütztes fremdenpolizeiliches Abkommen trat
am 1. Februar 1941 in Kraft.
204) LLA Gedächtnisprotokoll 1940. 5, 3 f.
205) Ebenda. S. 6.
206) Ebenda, S. 5.
207) Ebenda.
208) BAB E 2001 (E) 1969/262 Bd. 8. 19. November 1940: Notiz
Peldscher.
209) BAB E 2001 (E) 1969/262 Bd. 1. 14. Januar 1941: Sitzungs:
protokoll des schweizerischen Bundesrates.
210) Ebenda.
211) LLA Gedächtnisprotokoll 1940, S. 7
212) Ebenda.
213) Zu Beispielen hierfür siehe Krebs: Zwischen Fürst und Führer
S. 559: aufschlussreich sind auch die Landtagsveten von Dr. Otto
Schaedler (VU) und Regierungschef Hoop (FBP), wiedergegeben in
LLA LTP 10. Oktober 1940.
214) BAB E 2001 (E) 1969/262 Bd. 40, 16. September 1947:
Feldscher an EPD.
215) LLA LTP 10. Oktober 1940: Votum Regierungschef Hoop.
216) LLA O0. S. Sammelakt NS. Berichte und Korrespondenz von
VDBL-Landesleiter Dr. Alfons Goop. Schulungsblätter der VDBL
1940 und 1941.
217) LLA O0. S. Sammelakı NS, vermutlich April 1941: Goop (VDBL)
an Dr. Hermann Walser (VDBL).
218) Ebenda, 23. August 1940: Goop (VDBL) an Dr. Puls, Berlin;
25. Februar 1941: Bericht VDBL-Landesleiter Goop.
219) Ebenda, 25. Februar 1941: Bericht VDBL-Landesleiter Goop.
220) Ebenda, 27. Juli 1940: Goop (VDBL) an Kriener (Gestapo).
221) Ebenda, 23. August 1940: Goop (VDBL) an Dr. Puls, Berlin.
222) LLA RF 232/484 Strafsache Dr. Alfons Goop; diesbezüglicher
Bericht. im INolksblatt vom 26. Oktober 1946.