Kontaktnahmen Alois Vogts
zur Zeit der deutschen Siege
1940 und 1941
Eine Dokumenten-Gruppe aus dem deutschen
Dienstverkehr belegt mehrere Versuche des liech-
tensteinischen Vizeregierungschefs Alois Vogt, mit
deutschen Stellen in Verbindung zu treten.!'® Die
Quellen datieren aus dem Zeitraum September
1940 bis Mai 1941.!°° Sie können in einen chrono-
iogischen und inhaltlichen Zusammenhang gestellt
werden.
Unter Beizug anderer zeitgenössischer Quellen
ınd der Aussagen Vogts vor der schweizerischen
3undespolizei (Bupo) lassen sich bestimmende
Momente der damaligen Geheimdiplomatie benen-
aen. Sie erfolgte, als sich die VDBL verstärkt zu
Wort meldete und die liechtensteinische Regierung
Wirtschaftsverhandlungen in Bern führte; der für
die Achsenmächte günstige Kriegsverlauf in Eu-
copa ist als Hintergrund merkbar. In einem der
deutschen Dokumente werden die genannten drei
Umstände angesprochen. Es handelt sich um das
Gedächtnisprotokoll einer Unterredung Vogts mit
einem EPD-Vertreter in Bern. Das Protokoll gelang-
‚ee an Heinz Jost, den damaligen Leiter des Amtes
VI, dem SD-Auslandsnachrichtendienst im RSHA
Berlin. Von diesem Nachrichtenvorgang ausgehend
Können Vogts reichsdeutsche Verbindungen in den
Jahren 1940/41 näher befragt werden.
ALOIS VOGTS KONTAKTVORSTÖSSE IN DEN
DEUTSCHEN QUELLEN
In den deutschen Berichten über die «Fühlungnah-
me» des Regierungschef-Stellvertreters Alois Vogt
taucht der SD als erste Anlaufstelle auf. Im Sep-
tember 1940 meldet der Chef des RSHA, Rein-
nard Heydrich, dass Vogt «erneut» an eine seiner
Dienststellen, den SD, herangetreten sei.'°” Heyd-
richs Mitteilung erfolgte im Zusammenhang mit
einer vorgängig bekannt gewordenen «Auffassung
nNechtensteinischer Kreise über einen Zollanschluss
‘‚jechtensteins an das Reich».'°® Kurz darauf wird
über einen Beauftragten Vogts, den Liechtensteiner
SD-Verbindungsmann Peter Rheinberger, gemel-
det, dass dieser für Verhandlungen «zwecks
Kinverleibung Liechtensteins ins Grossdeutsche
Reich» zur Verfügung stehe.'°* Rheinberger halte
sich in Lindau auf. In Lindau befanden sich Aus-
senstellen der deutschen Geheimdienste von Wehr-
macht und SS in München. Auch die dritte Benach-
richtigung, vom 24. Oktober 1940, wurde vom SD
unternommen. Der Leiter des SD-Auslandsnach-
richtendienstes Heinz Jost übermittelte das Proto-
koll einer Besprechung Vogts in Bern an die
Deutschlandabteilung im Aussenministerium.!”®
Weitere Kontaktnahmen mit dem SD sind erst ein
halbes Jahr später dokumentiert. Sie zielten expli-
zit auf den Leitabschnitt München und sollen
gleichfalls «die Frage der Eingliederung Liechten-
steins in das Grossdeutsche Reich», aber auch
«Schweizer Fragen» berührt haben.'!”
Untergeordnete Dienstebenen des SD waren die
ersten Adressaten für die Vorstösse Vogts. Die
Besprechungsangebote zielten aber nach Inhalt
und Korrespondenzweg weiter. Sämtliche Schrei-
ben aus 1940 und 1941 wurden dem Auswärtigen
Amt zur Stellungnahme zugeleitet. Die dortige
Deutschlandabteilung unter Martin Luther bearbei-
tete sie und entschied in Rücksprache mit Aussen-
minister Ribbentrop. Vogt beziehungsweise sein
Beauftragter Rheinberger gingen den SD an, um
für ihre Anfragen mit «zuständigen» oder «mass-
gebenden» Stellen Kontakt zu nehmen. Letztere,
namentlich die Deutschlandabteilung, machten
sich erst gelegentlich der gemeldeten Vorstösse ein
Bild ihres Gegenübers: Vogt könne «jetzt als na-
tionalsoz. (bedingt) Teil der Regierung angespro-
chen werden»,!”®? zur eigenen Orientierung wird
angefügt: «Dr. Hoop ist Chef der Regierung (libe-
ral)».!* Vogt selbst hatte bis dahin kaum Verbin-
dung mit dem Auswärtigen Amt unterhalten, Rib-
bentrop sah er erstmals anlässlich des Staatsbe-
suchs 1939 im Rahmen eines Diners.!“*
In den Vorstössen der Jahre 1940/41 empfahl
sich Vogt durch Einschätzungen der SD-Stellen.
Alois Vogt —- laut Notiz im Aussenministerium «Chef
der Liechtensteinischen Regierung» — stehe «seit
etwa einem Jahr [d. h. seit Frühjahr 1940, d. Verf.]
mit dem SD in Verbindung, «dem er Nachrichten
jefere».!’® Im Schreiben des SD-Führers Jost vom
Oktober 1940 gilt Vogt als verdeckter VDBL-Mann,
3u dd