Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (98)

Kontaktnahmen Alois Vogts 
zur Zeit der deutschen Siege 
1940 und 1941 
Eine Dokumenten-Gruppe aus dem deutschen 
Dienstverkehr belegt mehrere Versuche des liech- 
tensteinischen Vizeregierungschefs Alois Vogt, mit 
deutschen Stellen in Verbindung zu treten.!'® Die 
Quellen datieren aus dem Zeitraum September 
1940 bis Mai 1941.!°° Sie können in einen chrono- 
iogischen und inhaltlichen Zusammenhang gestellt 
werden. 
Unter Beizug anderer zeitgenössischer Quellen 
ınd der Aussagen Vogts vor der schweizerischen 
3undespolizei (Bupo) lassen sich bestimmende 
Momente der damaligen Geheimdiplomatie benen- 
aen. Sie erfolgte, als sich die VDBL verstärkt zu 
Wort meldete und die liechtensteinische Regierung 
Wirtschaftsverhandlungen in Bern führte; der für 
die Achsenmächte günstige Kriegsverlauf in Eu- 
copa ist als Hintergrund merkbar. In einem der 
deutschen Dokumente werden die genannten drei 
Umstände angesprochen. Es handelt sich um das 
Gedächtnisprotokoll einer Unterredung Vogts mit 
einem EPD-Vertreter in Bern. Das Protokoll gelang- 
‚ee an Heinz Jost, den damaligen Leiter des Amtes 
VI, dem SD-Auslandsnachrichtendienst im RSHA 
Berlin. Von diesem Nachrichtenvorgang ausgehend 
Können Vogts reichsdeutsche Verbindungen in den 
Jahren 1940/41 näher befragt werden. 
ALOIS VOGTS KONTAKTVORSTÖSSE IN DEN 
DEUTSCHEN QUELLEN 
In den deutschen Berichten über die «Fühlungnah- 
me» des Regierungschef-Stellvertreters Alois Vogt 
taucht der SD als erste Anlaufstelle auf. Im Sep- 
tember 1940 meldet der Chef des RSHA, Rein- 
nard Heydrich, dass Vogt «erneut» an eine seiner 
Dienststellen, den SD, herangetreten sei.'°” Heyd- 
richs Mitteilung erfolgte im Zusammenhang mit 
einer vorgängig bekannt gewordenen «Auffassung 
nNechtensteinischer Kreise über einen Zollanschluss 
‘‚jechtensteins an das Reich».'°® Kurz darauf wird 
über einen Beauftragten Vogts, den Liechtensteiner 
SD-Verbindungsmann Peter Rheinberger, gemel- 
det, dass dieser für Verhandlungen «zwecks 
Kinverleibung Liechtensteins ins Grossdeutsche 
Reich» zur Verfügung stehe.'°* Rheinberger halte 
sich in Lindau auf. In Lindau befanden sich Aus- 
senstellen der deutschen Geheimdienste von Wehr- 
macht und SS in München. Auch die dritte Benach- 
richtigung, vom 24. Oktober 1940, wurde vom SD 
unternommen. Der Leiter des SD-Auslandsnach- 
richtendienstes Heinz Jost übermittelte das Proto- 
koll einer Besprechung Vogts in Bern an die 
Deutschlandabteilung im Aussenministerium.!”® 
Weitere Kontaktnahmen mit dem SD sind erst ein 
halbes Jahr später dokumentiert. Sie zielten expli- 
zit auf den Leitabschnitt München und sollen 
gleichfalls «die Frage der Eingliederung Liechten- 
steins in das Grossdeutsche Reich», aber auch 
«Schweizer Fragen» berührt haben.'!” 
Untergeordnete Dienstebenen des SD waren die 
ersten Adressaten für die Vorstösse Vogts. Die 
Besprechungsangebote zielten aber nach Inhalt 
und Korrespondenzweg weiter. Sämtliche Schrei- 
ben aus 1940 und 1941 wurden dem Auswärtigen 
Amt zur Stellungnahme zugeleitet. Die dortige 
Deutschlandabteilung unter Martin Luther bearbei- 
tete sie und entschied in Rücksprache mit Aussen- 
minister Ribbentrop. Vogt beziehungsweise sein 
Beauftragter Rheinberger gingen den SD an, um 
für ihre Anfragen mit «zuständigen» oder «mass- 
gebenden» Stellen Kontakt zu nehmen. Letztere, 
namentlich die Deutschlandabteilung, machten 
sich erst gelegentlich der gemeldeten Vorstösse ein 
Bild ihres Gegenübers: Vogt könne «jetzt als na- 
tionalsoz. (bedingt) Teil der Regierung angespro- 
chen werden»,!”®? zur eigenen Orientierung wird 
angefügt: «Dr. Hoop ist Chef der Regierung (libe- 
ral)».!* Vogt selbst hatte bis dahin kaum Verbin- 
dung mit dem Auswärtigen Amt unterhalten, Rib- 
bentrop sah er erstmals anlässlich des Staatsbe- 
suchs 1939 im Rahmen eines Diners.!“* 
In den Vorstössen der Jahre 1940/41 empfahl 
sich Vogt durch Einschätzungen der SD-Stellen. 
Alois Vogt —- laut Notiz im Aussenministerium «Chef 
der Liechtensteinischen Regierung» — stehe «seit 
etwa einem Jahr [d. h. seit Frühjahr 1940, d. Verf.] 
mit dem SD in Verbindung, «dem er Nachrichten 
jefere».!’® Im Schreiben des SD-Führers Jost vom 
Oktober 1940 gilt Vogt als verdeckter VDBL-Mann, 
3u dd
	        

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