Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (98)

tionale Lager in Österreich gespalten. Vogt gehörte 
einer Studentenverbindung des Katholischen Car- 
tellverbands (CV) an.” Der CV sah sich im Gegen- 
satz zu «schlagenden Verbindungen», das heisst 
Duellwaffen tragenden und zusehends nationalso- 
zialistisch gesinnten Burschenschaften. Mit wach- 
sendem Einfluss des Nationalsozialismus auf öster 
reichischem Universitätsboden und mit Hitlers 
Machtübernahme 1933 rückte der CV von seiner 
Anschlussorientierung ab und bekannte sich, zu- 
mal offiziell, zum österreichischen Ständeregime.*° 
Zu Vogts Haltung in diesen Fragen fanden sich kei- 
ne Dokumente, allerdings blieb er auch nach seiner 
Studienzeit dem CV verbunden. Eine Deutschland- 
kritische Zeitung dieser Provenienz hatte Vogt bei 
sich aufliegen.?” 
MACHTKOMPROMISSE UND SOZIALE 
QUERVERBINDUNGEN 
Die Wende von der lärmigen Radikalopposition des 
LHD zur Selbsteinbindung ins bekämpfte Parteien- 
system Liechtensteins machte Alois Vogt mit, in lei- 
tender Position, zugleich taktisch moderierend und 
verhandlungsbereit. 
1935 zählte Vogt zu den Befürwortern einer 
Zusammenarbeit von LHD und VP mit der Regie- 
rungspartei FBP.*® Vogt nahm an den entsprechen- 
den «Friedensverhandlungen» zwischen Oktober 
und Weihnachten 1935 teil. Die 1938 durchge- 
setzte Regierungs-, Landtags- und Behördenbeteili- 
gung wurde bereits in Vorschlag gebracht. Als es 
im Gefolge des Anschlusses Österreichs zur liech- 
tensteinischen «Märzkrise»*” und zum Abschluss 
eines Parteienfriedens kam, war Alois Vogt in des- 
sen Aushandlung einbezogen, zusammen mit Dr. 
Alois Ritter und im Kontakt mit dem vermittelnden, 
wirtschaftlich argumentierenden Holdingunterneh- 
mer Guido Feger. Schaedler trat als Hardliner auf: 
mit rigorosen Forderungen und über den nicht un- 
gefährlichen, eigenmächtigen Umweg in Berlin.“ 
Am 29. März 1938 wurde Alois Vogt durch den VU- 
Landesausschuss als Regierungschef-Stellvertreter 
nominiert. 
Vogts Beteiligung an der Regierungsmacht 1938 
ist nicht allein mit Blick auf einen parteilich 
gestützten Ehrgeiz zu beurteilen. Seiner «Anpas- 
sungsfähigkeit» lagen überparteiliche Werthaltun- 
gen und Beziehungen zugrunde.** Bereits hinter 
der rhetorischen Kraftmeierei und Neuerungsgeste 
des LHD fand sich ein breiter Konsens mit dem 
ländlich-katholischen Liechtenstein. An kulturellen 
Grundstrukturen wie Geschlechterrollen, Besitz- 
verhältnissen und Machthierarchien rührte die 
«Radikalopposition» nicht.** Die liechtensteinische 
Kleingesellschaft funktioniert(e) schliesslich über 
Beziehungen, die quer zu den parteilichen Einfluss- 
sphären und amtlichen Abstufungen verlaufen. 
Alois Vogt war diesbezüglich gut verknüpft: gebo- 
ren 1906, in eine Zeit vor der Parteiengründung, 
arfolgte seine politische Sozialisierung über ver- 
wandtschaftliche Nähe, männerbündische Protekti- 
ons- und Allianzbeziehungen. Der ältere Cousin 
Otto Schaedler und die Verbindung zur entfernt 
verwandten Familie Rheinberger standen beim 
Eintritt Vogts in den LHD Pate.“** Die Rheinbergers 
hatten kulturelle und familiäre Beziehungen nach 
Deutschland. Sie wohnten auf Schloss Gutenberg in 
Balzers, der Geburtsgemeinde von Alois Vogt. 
Schliesslich kam der Student Vogt bereits vor Ein- 
tritt in den LHD enger mit Regierungschef Dr. Josef 
Hoop zusammen. 
Aus den Jahren 1931 bis 1933 ist uns im Liech- 
tensteinischen Landesarchiv eine Korrespondenz 
zwischen dem Jus-Studenten Alois Vogt und Josef 
Hoop überliefert.*” In den Briefen herrscht der Ton 
studentischer Kameraderie, Vogt schreibt «Lieber 
Alter Herr», Hoop begrüsst mit «Lieber Cartell- 
bruder».*° 
Im gesamten Briefwechsel schlägt sich auch ein 
Protektionsverhältnis Hoops gegenüber dem elf 
Jahre jüngeren Vogt nieder. Dieser überarbeitete 
für den Regierungschef Korrekturabzüge neuer 
Gesetzesregister. Hoop vermittelte ausserdem Stu- 
dienstipendien und verwandte sich für eine Anstel- 
(jung Vogts bei der Landesverwaltung. Aus Anrede 
und Briefform spricht oft der Respekt des jungen, 
von allerlei Geld- und Prüfungssorgen geplagten 
Vogt gegenüber dem korrekt-väterlich auftretenden
	        

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