Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (98)

ZUR BAUGESCHICHTE DES HOTELS LÖWEN - EINER 
JAHRHUNDERTEALTEN TAVERNE / PETER ALBERTIN 
Ein bau- und architektur- 
historischer Rundgang 
Der Gasthof Löwen in Vaduz zählt mit seiner über 
600-jährigen Geschichte zu den ältesten Wohnbau- 
ten Liechtensteins, und mit seiner breiten Palette 
bautechnischer und kunsthandwerklicher Elemen:- 
te zugleich zu den architekturhistorisch bedeutend- 
sten. Mit der Renovation von 1987/89 erfüllt das 
Objekt betriebstechnisch und gestalterisch neueste 
Bedürfnisse, wie sie Gasthöfe der gehobenen Mit- 
telklasse auszeichnen. 
Das Äussere des markanten Gebäudekomplexes 
repräsentiert die Erneuerung und Aufstockung des 
Gasthofes 1786 in spätbarocker Gestaltung durch 
den erst 23-jährigen Johann Rheinberger sowie 
dessen Ökonomietrakt-Neubau von 1804. Das brei- 
te Mansarddach —- dessen Ursprünge liegen im 
Paris des 17. Jahrhunderts - gewann vor allem im 
ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert 
in der spätbarocken Architektur der Ostschweiz für 
kurze Zeit an Beliebtheit und kehrte gegen Ende 
des 19. Jahrhunderts im Zuge des Französischen 
Neubarocks nochmals zurück. Im Fürstentum 
Liechtenstein liegt ausgeprägte barocke Wohn- 
haus-Architektur nur spärlich vor. Die Fensteröff- 
naungen des Erd- und ersten Obergeschosses ent- 
stammen in ihrer Verteilung vor allem dem 17. und 
18. Jahrhundert, die charakteristische Sprossen- 
fenster-Teilung jedoch der Erneuerung von 1786. 
Der Löwen gehört hierzulande zu den ersten mit 
Sprossenfenstern —- diesen seit 1750 ebenfalls von 
Frankreich her kommenden «neuen Gläsern» - 
ausgestatteten Bauten an Stelle der seit dem 15. 
Jahrhundert verwendeten, weniger lichtdurchlässi- 
gen, mundgeblasenen Butzenscheiben. Der Ökono: 
mietrakt veranschaulicht mit seiner Erscheinung in 
der weitestgehend originalen Architektur von 1804 
mit den einst geräumigen Pferde- und Viehstallun- 
gen und der mächtigen Heuscheune einerseits die 
damalige überragende wirtschaftliche Bedeutung 
des Löwen in einer Zeit grosser und prekärer Ver- 
armung der Landbevölkerung - Johann Rheinber- 
ger war 1807, mittlerweite 44-jährig, der grösste 
Liegenschaftenbesitzer in Vaduz —, andererseits die 
grosse Bedeutung des Pferdes im Handels- und Rei- 
severkehr im ausgehenden 18. und 19. Jahrhun- 
dert mit entsprechenden Stallungen und Futter- 
vorräten entlang der zwischen 1770 und 1786 zur 
Fahrstrasse ausgebauten «Deutschen Strasse». 
Die kürzlich erfolgte Renovation macht sich vor 
allem in der Detailausführung bemerkbar. Zu Guns- 
ten einer besseren architektonischen Erscheinung 
ist südostseits der verglaste Verandaanbau von 
1952 ersatzlos abgebrochen worden. Alle teils bis 
200-jährigen Sprossenfenster, mit den zugehörigen 
zeittypischen, hölzernen Mittelpfosten und Fens- 
;erkreuzen —- als nicht unwichtige Architekturele- 
nente - sind durch Isolierfenster ersetzt. Über den 
einstigen Stalltüren fehlen seit 1989 die für deren 
Bauzeit von 1804 d charakteristischen Oberlichter, 
die handgeschmiedeten Stallfenstergitter sind durch 
.ndustriell gefertigte ausgewechselt. 
Jer Innenausbau der Gasträume ist 1987/89 
ınter weitgehender Erhaltung der historischen 
Raumstrukturen beinahe vollständig erneuert wor- 
den, trifft aber mit seiner bunt historisierenden 
Gestaltung in qualitätvoller Ausführung und der 
gekonnt gewählten, vielfältigen Möblierung zwei- 
fellos den Geschmack und die Zustimmung einer 
breiten Gästeschar - und wäre eine eigene kunst- 
geschichtliche Würdigung wert! 
Die Gewölbekeller zeigen sich im Grossen und 
Ganzen nach wie vor im Kleide des ausgehenden 
14. Jahrhunderts. 
Im Erdgeschoss vermag von der alten Sub- 
stanz vor allem die stark ausgetretene, 600-jährige 
Serpentinschwelle zur heutigen Küche zu beein- 
drucken. Die Räume 15, 16, 17 und 18 zeigen die 
Holzbalkendecke von 1666 d mit eingeschobenem 
Schrägboden, nun gereinigt und partiell braun 
überstrichen. Die einstige Rundbogentür des 14. 
Jahrhunderts von Gang 11 in den mit einem Kreuz- 
gewölbe überspannten Raum 13 vertritt nun als 
Wandnische beispielhaft das ursprüngliche tuffstei- 
nerne Rundbogen-Türgewände romanischer Ma- 
nier aus der Zeit um 1380. In der Gaststube erin- 
nert die versetzte Wandmalerei mit der «Anbetung 
33) Frommelt, Hansjörg: Winzerhäuser und Torkelbauten in Vaduz. 
in: Vaduzer Wein. 100 Jahre Winzergenossenschaft. Vaduz, 1996, 
S. 145.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.