DER RESTAURATOR UND KIRCHENMALER
BONIFAZ ENGLER’*® SCHREIBT DAZU:
«Die Geschichte des barock anmutenden stattli-
chen Gebäudes Gasthof Löwen, dessen Fassade
das Wappen der Rheinberger ziert, lag bis zum
Beginn der Renovation von 1987 weitgehend im
Dunkeln.
In dieser Umbruchzeit wurde ich beauftragt, das
Gebäude in seinem Innern auf mögliche Malereien
zu untersuchen. Es wurden ornamentale Male-
reien aus der Zeit um 1744 gefunden. Ganz zufällig
stiess man bei installationsbedingten Ausbrüchen
und Sicherungsarbeiten, unter dicken Verputz-
schichten, auf figürliche Farbspuren.
Die Verputzschichten wurden entfernt und
dadurch die Malerei sichtbar gemacht. Es ist eine
frühe Darstellung der Anbetung durch die Heiligen
Drei Könige und gleichzeitig eine klare Datierung.
Wegen Installationsvorschriften konnte die Wand-
malerei leider nicht am Entstehungsort belassen
werden. Sie wurde konserviert, aus der Bruch-
steinmauer gelöst, armiert und versetzt wieder in
die Mauer eingelassen.
Die genannte Darstellung ist in Secco-Technik
gemalt, das bedeutet, sie wurde mit Tempera-
Casein gebundenem Farbpigment auf den trocke-
nen Verputz gemalt. Die rötliche Vorzeichnung ver-
rät einen gekonnten Pinselstrich. Die geschlossene
Komposition setzt sich aus drei Figuren oder Stan-
desgruppierungen zusammen.
In der ersten Gruppierung finden wir stehend
Josef, in schlichtem grünen Gewande. Er stützt
sich an einem Stab. In der rechten Hand ist ein
Beutel oder eine Rundflasche. Seine Schuhe sind
blau. Seitlich von ihm auf einem Thronstuhl sitzt
Maria. Sie hält und zeigt das Christkind, das von
dem vor ihm knienden König ein Geschenk entge-
gen nimmt. Maria ist mit einem blauen Gewande
mit typischem Renaissance-Ausschnitt bekleidet.
Ihr Kopf ist von einem weissen Schleier umhüllt.
Die Schuhe sind rot. Der Thronstuhl mit Lehne ist
ein Hinweis auf eine frühe Entstehungszeit des
Gemäldes. Das Kind, Maria und Josef sind mit
einem Scheiben-Nimbus versehen.
Eine Raumbegrenzung zur zweiten Gruppierung
wird durch eine braune Linie (Holzträger) dar-
gestellt. In dieser zweiten Gruppierung kniet ein
König, eine Gabe reichend, vor dem Kind. Sein
Mantel ist cap.-mort.-rot, das Beinkleid braun, die
Schuhe rot. Ihm folgt stehend der zweite König,
umhüllt mit einem Mantel von cap.-mort.-violetter
Farbe. Das Beinkleid ist blau. In der linken Hand
hält er ein blaues Bündel. Die rechte Hand reicht
einen kleinen Schrein nach vorn. Das Beinkleid,
sowie der Schrein weisen in die frühe Zeit der
Renaissance um 1500-1530. Am Kopf ist eine gros-
se Fehlstelle. Darin war ein Holzdübel befestigt,
der zu einem Halterungszweck benötigt wurde.
Der dritte Weise zeigt sich schreitend in ganz
typischem Renaissance-Gewande eines vornehmen
Mannes. Es ist mit dunklem Besatz bereichert. In
der linken Hand ist wiederum ein roter Beutel. Die
andere Hand hält ein Kelchgefäss nach vorn. Sein
Beinkleid ist oder war rot wie der Beutel.
Hinter ihm beginnt die dritte Gruppierung mit
raumtrennendem senkrechten Tragbalken. In ge-
wisser Distanz ist eine staunende weibliche Ge-
stalt zu erkennen. Erwartungsvoll breitet sie ihre
Arme und Hände der Handlung vor ihr entgegen.
Ihr anmutiges Gewand mit der typischen Hals-
Schulterpartie ist wiederum ein klarer Hinweis, in
welcher Zeit das Wandgemälde geschaffen wurde.
Auf vielen späten Flügelaltären, Stichen, und Ge-
mälden aus der Zeit um 1500 bis 1530 wiederholen
sich dieselben Farben und Formen, wie sie sich In
dem Bild «Anbetung durch die Heiligen Drei Köni-
ge> zeigen.
Die weibliche Gestalt war noch nicht der Ab-
schluss der dritten Gruppierung. Mit etwas Phan-
tasie könnte noch ein Elefantenkopf mit Rüssel ge-
sehen werden. Bis zum ursprünglichen Ende der
Malerei fehlen noch zirka 15 Zentimeter, welche
schon bei früheren Umbauten verloren gegangen
sind. Die hier beschriebene, sehr zurückhaltende
bildliche Darstellung konnte nicht in erster Linie
als Akzent im Raum verwendet werden. Der Erhal-
28) Restaurationsatelier im Vorderhof, 9033 Untereggen SG.