Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (98)

Ein spätmittelalterlicher 
Kernbau des 14. Jahrhunderts 
Der ganzflächig unterkellerte, zweigeschossige 
Wohnbau steht parallel zur Hauptstrasse und misst 
am muralen Erdgeschoss aussen beachtliche 10.6 x 
13.3 Meter. Das Niveau seines Baugrundes liegt 
strassenseits etwa 1.8 Meter unter dem heutigen 
Strassenhorizont auf etwa 465.2 m ü.M. und süd- 
westseits etwa 50 Zentimeter über dem heutigen 
Gehboden auf etwa 465.0 m ü. M.; das heisst, das 
Gebäude stand im 14. Jahrhundert auf horizon- 
talem Baugrund und das Kellergeschoss überragte 
das Strassenniveau sockelartig um etwa 1.8 Meter! 
Das Gehniveau des Erdgeschosses liegt auf etwa 
167.0 m ü. M., jenes im Obergeschoss auf etwa 
469.9 m ü. M., die Mauerkrone auf etwa 472.6 m ü. 
M., die Raumhöhen der beiden Wohngeschosse 
massen je etwa 2.6 Meter. Die Strassenchaussie- 
rung ist durch die Jahrhunderte infolge diverser 
Rüfe-Niedergänge sukzessive um knapp 2.0 Meter 
auf ihr heutiges Niveau angewachsen (Plan 17). Mit 
starken Wingertmauern haben die Winzer die zer- 
störerischen Geröll-Lawinen im Bereiche Oberdorf- 
Mitteldorf-Löwen zum Schutze der Reben in die 
Strasse kanalisiert. So liegt heute die Kulturerde 
der Weinberge teils bis 2.0 Meter tiefer als das 
vorbeiführende Strassenniveau.*® 
Die Aussen- und Innenmauern in unterschied- 
licher Dicke von etwa 65 bis 90 Zentimetern So- 
wie die Deckengewölbe sind einheitlich aus kaum 
(agig gesetzten Rüfesteinen und vereinzelten Tuff- 
bollen in Kalkmörtel erstellt. Exponierte Bau- 
teile, wie Mauerecken, Türgewände, sowie Tür-, 
Nischen- und Fensterleibungen sind sorgfältig in 
Tuffquadern gefügt —- auch sämtliche späteren mu- 
ralen Erweiterungen am Wohnhaus sind in dieser 
Mauertechnik ausgeführt. Die Fassaden trugen ei- 
nen dünnen, steinsichtigen Putz, die Wände in den 
Wohnräumen einen deckenden, weiss getünchten 
Glattputz; die Kellerwände sind unverputzt, aber 
satt ausgefugt. 
Türen und Fenster sind besondere Indikatoren 
baugeschichtlicher und architektonischer Entwick- 
ungen, deren Aussagewert in den letzten Jahren 
dank eingehender gebäudearchäologischer For- 
schungen ständig verfeinert werden konnte.“ Im 
<ernbau sind die Türöffnungen des 14. Jahrhun- 
derts teils ganz, teils restweise erhalten, Türblätter 
“ehlen. Es handelt sich durchwegs um sorgfältig in 
Tuffstein gearbeitete Rundbogengewände mit einer 
lichten Weite von etwa 0.9 bis 1.1 Metern Breite 
ınd bis 2.3 Metern Höhe. Sie sind aussenseilts 
mit 8 Zentimeter breiten und bis auf den Boden 
reichenden Zierfasen romanischer Art versehen. 
Ursprüngliche Fenster des Kernbaues können 
mangels Entputzungen an den Fassaden nur in- 
nenseits partiell erfasst werden. Die Fensterni- 
schen mit in Tuffquadern gesetzten Leibungen und 
backsteinernen Stichbogen messen im Erdgeschoss 
etwa 2.4, im Obergeschoss etwa 2.15 Meter Schei- 
‚elhöhe, sind bei einer inneren Breite von 1.25 bis 
1.35 Metern gegen aussen leicht verjüngt und wie- 
sen je zwei Sitzbänke von etwa 50 Zentimetern 
Höhe und mindestens 30 Zentimetern Tiefe auf 
Plan 5). Über die Grösse und Gestaltung der Fens- 
jergewände fehlen uns Anhaltspunkte — solche 
wären jedoch hinter den Fassadenputzen wohl 
noch teilweise erhalten! Zweifelsfrei lokalisierbar 
oleiben im Erdgeschoss drei Fenster zur Stube 14 
und im Obergeschoss drei Fenster zu Raum 23 —- 
weitere ursprüngliche Fenster haben wohl an Stel- 
le der heutigen Öffnungen gelegen. Im 14. Jahrhun- 
dert fehlte Fensterglas noch weitgehend, die Öff- 
nungen waren mit Ölpapier, Schweinsblasen und 
vor allem mit Holzläden verschlossen; so ermög- 
lichten die Sitzbänke nahe den Fenstern, «sich ins 
rechte Licht zu rücken». Erst gegen das Ende des 
(5. Jahrhunderts kamen Butzenscheiben auf den 
Markt, auch sie waren noch wenig lichtdurchlässig.
	        

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