BAUPERIODE 5
UMBAU VON 1875
In einem «Dekret Kirchenverwaltung Bendern»
hielt die Regierung am 18. Februar 1875 fest: «Die
Regierung ertheilt hiemit den Consens zum Umbau
des Ökonomiegebäudes der Pfarrpfründe Bendern
in der im angeschlossenen Bauplan ersichtlich
gemachten Weise.»%°
Damit war der Weg frei, das alte Pfarrhaus zum
Pfarrstall umzubauen. Die zur Bewilligung ein-
gereichten Baupläne von 1875 dienten den Bauleu-
ten lediglich als Leitfaden, an den sie sich im
grundsätzlichen hielten, in den Details aber frei
gestalteten (vgl. Abb. 35). Der Umbau hatte seine
Beweggründe.
Die Gemeinde verwaltete nach dem 18. Januar
1874 die neue Pfarrpfründe Bendern*® und ver-
kaufte am 16. Juli 1877 die Stallungen der Prämon-
stratenser samt dem dazu gehörenden Boden an
Lorenz Kind. Es handelt sich dabei um den heuti-
gen Gasthof Löwen inklusive Umschwung.*! Damit
war der Pfründe, Landwirtschaft zu betreiben, die
Grundlage entzogen. Um dem jeweiligen Pfarrer
oder weiteren Bewohnern des Kirchhügels einen
Beitrag zur Selbstversorgung zu ermöglichen, wur-
de das baufällig gewordene Pfarrhaus zum Pfarr-
stall umgebaut. Ein zweiter Grund für diesen Han-
del mag wohl der Finanzbedarf der Gemeinde ge-
wesen sein, die für die geplante Kirchenrenovation
Geld benötigte.*?
Die Veränderungen im Kellergeschoss können
aufgrund der Baupläne nicht hinreichend geklärt
werden. Der Keller 2 erhielt zu dieser Zeit einen
steindeckenden grauen Bewurf von Kalkmörtel. Es
kann - wie bereits berichtet - nicht ausgeschlossen
werden, dass zur besseren Nutzung des Kellers im
anstehenden Fels um 1875 Sprengarbeiten durch-
geführt wurden. Den Torkelraum erschloss an der
Nordostwand ein zweiflügeliges, rechteckiges Tor
mit Sandsteingewänden. Das alte Tor in der Mitte
der Nordostfassade wurde bündig zur Hausmauer
zugemauert. Zur Ausstattung des Torkelraumes
liegen keine weiteren Hinweise vor (Abb. 36, 47,
49). Die beiden Räume 3 und 4 dienten als eigentli-
che Stallräume: in der Nordecke (Raum 4) ein
Schweinestall, dessen Boden zu einem grossen Teil
über einem neuen Jauchekasten gegossen wurde,
ınd westlich des Schweinestalles (Raum 3) ein
Viehstall mit zwei Futterlöchern in der südöstli-
chen Innenwand. Zur Bedienung dieser Futter-
Löcher bedurfte es im Raum 1 - dem alten Podest
m Torkelraum -—- eines galerieartigen Zugangs von
der nahen Tenne her (Raum 6). Eine Schlupfpforte
.n der nordöstlichen Riegelwand (Abb. 41) mit
sekundär verwendeten Hölzern bot Zutritt zur Fut-
;jerbühne. Die Erstellung einer neuen Aussentür in
der Nordecke des Hauses und der Einbau eines
begleitenden Stallfensters schwächten die Nordost-
fassade derart, dass die Ausbrüche vermutlich bis
zur Fundamentlage neu ausgemauert werden
mussten (Abb. 18, 36, 47). Jedoch erhielten selbst
Türen zu Ställen und deren neue Fenster aufwen-
dige Sandsteingewände (Abb. 35 zu den Fassaden
der Periode 5). Auffallend repräsentativ wirkt das
neue Scheunentor: Zwei pilasterartig ausgeformte
Gewändepfeiler auf Sockeln und auskragenden
Kapitellelementen tragen einen grossen Sandstein,
der zu einem sehr flachen Stichbogen geformt ist
‘Abb. 48). Südwestlich dieses Tores befindet sich
ein ebenfalls mit Sandstein eingefasster Zugang zu
einem Lagerraum (Abb. 37, 45). Vor der Südwest-
‚assade erinnert ein Gärtlein aus jener Zeit, ein-
gefriedet von einem Eisenzaun auf gemauertem
Sockel, an die ältesten Kellerfundamente (Keller
la, 1b) des ehedem stattlichen Hauses (Abb. 6, 12,
13).'Im Erdgeschoss der Südwestfassade brachen
die Bauleute drei grosse stichbogige Öffnungen aus
lem Mauerwerk und versahen sie mit diagonal
verstrebten Holzgattern. Der dahinter liegende
längliche Raum (Raum 5, Abb. 19) diente offenbar
als Lagerraum für Holz, Brennmaterialien und der-
gleichen, denn die Fensteröffnungen waren unver-
glast (Abb. 6, 35, 38, 50). Die Bretterdecke im Inne-
ren wird von sekundär verwendeten Balken aus
der Zeit um 1633/34 getragen.‘ Die Fachwerk-
wand, die den Raum zur Tenne begrenzt, besitzt
Konstruktionsholz in zweiter Verwendung mit rö-
mischen Ziffern. In der Südostfassade fällt die An-
bringung einer neuen Tür mit Sandsteingewänden
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