Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (98)

DAS ALTE PFARRHAUS AUF DEM KIRCHHÜGEL 
BENDERN / GEORG MALIN 
BAUPERIODE 4 
BAULICHE VERÄNDERUNGEN IM 18. UND 
FRÜHEN 19. JAHRHUNDERT 
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts beflügelte 
die barocke Reform- und Baufreude wenigstens in 
Ansätzen auch die Mönche von St. Luzi in Bendern. 
Eine dieser Persönlichkeiten war Abt Milo Rieger 
(+ 1725), erst Administrator in Bendern, dann Abt. 
Er und seine Nachfolger planten in den ersten 
Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts, den Sitz des 
Klosters St. Luzi von Chur nach Bendern zu ver: 
‚gegen. Der Plan wäre beinahe realisiert worden. 
Schliesslich aber waren der Generalvisitator, der 
Bischof von Chur und der Papst dagegen. Den: 
noch wurde in Bendern gebaut. Die Statthalterei 
wurde um 1730 umfassend renoviert.** Es entstan- 
den Entwürfe zu aufwendigen und repräsentativen 
Barockanlagen als Zugang zum Kirchhügel von 
Bendern.®® Das alte Pfarrhaus aber blieb von grös- 
seren Eingriffen in die Bausubstanz bis zur Mitte 
des 18. Jahrhunderts verschont. Darüber vermag 
die bereits eingangs zitierte Urkunde von 1751 
Näheres auszusagen (siehe Anhang). 
Beinahe gegenläufig zum barocken Auftreten zu 
3eginn des 18. Jahrhunderts verpachteten die 
Weissmönche sozusagen den ganzen landwirt- 
schaftlichen Betrieb, den Weinbau, mit Vorbehalt 
jedoch der Erträgnisse aus den Wäldern und der 
St.-Luzi-Lehnsgüter sowie der beiden Gärten, Ins- 
besondere des «am großen Kürchweeg nächst dem 
alten hauß» gelegenen, und der Einkünfte aus 
geistlichen Diensten, sonst aber alles, auch das 
«alte hauß». Im alten Pfarrhaus behielt der Pfarrer 
nur den grossen Keller (Keller 2) und zwei Zimmer, 
welche der Geistliche bewohnte und die zusam- 
mengehörten. 
Und dann folgt in der Urkunde für die Belange 
der Baugeschichte des Hauses eine wichtige Stelle: 
Jer «alte keller, torkhl sambt denen der statthal- 
terey aigenthumlichen büttenen und züber, auch 
darneben stehenden zimmer, nicht minder die 
drey oder vier noch übrige zimmer und kornbo- 
den» wurden den Pächtern überlassen. Überdies 
bauten die Mönche für die Vertragspartner «ein 
kuchel und stuben» im alten Pfarrhaus. Es wurde 
«heiter und klar» ausbedungen, dass im Brandfall 
die Pächter hafteten. Das Wasch- und Backhaus in 
der Westecke des Gartens bei der Statthalterei 
nutzten beide Parteien gemeinsam. Der «grosse 
stadl zu Bendern», «der Zechend stadl» und auch 
die «hütten und scherm auf der alp», alle diese 
Bauten wurden verpachtet.?® Soviel zu Häusern 
ınd Bauten. 
Wir müssen also zusammenfassend, was die 
nutzbaren Räume im alten Pfarrhaus betrifft, fest- 
ıalten, dass beide Keller (Keller 1, 2) um 1751 
ıoch genutzt wurden, ebenso der Torkel. Die im 
Erdgeschoss gelegenen Zimmer durften anschei- 
ı1end die Pächter nutzen; es musste sich dabei um 
zäume handeln, die über den Kellergrundrissen 
.agen. Welche zwei Zimmer vom damaligen Pfarrer 
)ezogen waren, lässt sich aufgrund der Urkunde 
ıicht sagen. Es ist kaum anzunehmen, dass die neu 
eingerichtete Küche für die Pächter im ersten Ober- 
geschoss war, vielleicht jene des Pfarrers. In der 
aahen Statthalterei lag der Küchenraum in der 
Nordecke des Hauses, über dem Keller. Ferner be- 
zichtet der Vertrag von einer neuen Stube und drei 
oder vier weiteren Zimmern, welche den fünf Päch- 
tern zustanden, also ein Raumprogramm, das nur 
in einem Grundriss unterzubringen war, welcher 
mit verfügbaren Räumen über dem Keller 1 an der 
Südwestseite des Hauses rechnen konnte. Mit 
anderen Worten: Das Haus muss Mitte des 18 
30) Peter Kaiser, wie Anm. 6, 5. 427, siehe auch Apparat 5. 446, 
Anm. 236. - Johann Baptist Büchel, wie Anm. 4, S. 52-56. 
31) Johann Baptist Büchel. wie Anm. 4,5. 55 f., 118, 169. 
32) Otto Seger, wie Anm. 7, S. 112-114. — Peter Kaiser, wie Anm. 6, 
S. 427-430, 468-471, Literatur im Apparat. 
33) Johann Baptist Büchel, wie Anm. 4, 5. 57-63, 118. 
34) Erwin Poeschel, wie Anm. 3, 5. 253 f. 
35) «Project füer güethlicher sanction Entzwischen einem Löbl. 
Yarrhaus Bendern und dennen Ersamen Gemeindt Bendern Gam- 
„rin, Eschen, Ruggell», Tiroler Landesarchiv Innsbruck, Urkunde 
[/4581. - Kopie im LLA, 1/4584. 
36) Der grosse Stadel zu Bendern befand sich an der Stelle, wo 
der heutige Gasthof Löwen steht. Zu den zitierten Stellen vgl. die 
Urkunde vom 12. März 1751, Anhang. 
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