der Nordecke des Raumes 17 erfolgten zu einem
späteren Zeitpunkt. Während der Bauperiode 3 bil-
dete auf einer Länge von mindestens 9,50 m eine
Riegel- oder Holzbohlenwand, ansetzend an der
Westecke des Zimmers 12, die Aussenfront (vgl.
Abb. 23, 25). Vermauertes Fichtenholz, Reste der
ehemaligen erwähnten Hauswand, wird in die Jah-
re 1633/34 datiert (Abb. 27, 29). Die ursprünglich
geringere Höhe der Mauerkrone im Bereich der
ehemaligen Holzkonstruktion, ein Befund, der auf
der Innenseite der nordwestlichen Hausmauer be-
obachtet werden kann, mag mit konstruktiven Not-
wendigkeiten bei der Auflage der Pfetten bedingt
gewesen sein (vgl. Abb. 25).
Was die Räume betrifft, welche über dem ältes-
ten Keller im Südwesten lagen, kann —- wie bereits
vermerkt - nichts Sicheres ausgesagt werden. Der
Bauteil ist in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhun-
derts bis auf die Grundmauern abgetragen worden.
Über dem eben geschilderten Obergeschoss
befand sich ein geräumiger Kornboden oder Est-
rich, den zumindest an der Nordostfassade drei
Fenster und eine unter der Giebelhöhe sitzende
Öffnung belichteten. Diese Fenster weisen auch
darauf hin, dass der Giebel vor dem letzten Umbau
1875) um mindestens 1,30 m bis 1,40 m höher
war; denn die beiden, das mittlere Estrichfenster
Nankierenden Lichtquellen - heute vermauert -
wären bei der gegenwärtigen Firsthöhe zur Gänze
nicht plazierbar gewesen. In der Tat dokumentiert
die Bleistiftzeichnung von K. A. Kayser «Der Kirch-
hügel von Bendern von Nordosten her gesehen»,
vermutlich aus dem Jahre 1843, das Erscheinungs-
bild der Nordostfassade des alten Pfarrhauses vor
dem Umbau von 1875 (Abb. 1, 24). Auch das im
Mauerwerk in Ansätzen und in der Zeichnung von
Kayser deutlich festgehaltene Fenster unmittelbar
unter dem First würde die gegenwärtige Dachnei-
gung und Firsthöhe nicht mehr zulassen.
Der Dachstuhl dieser Bauperiode war am
ehesten als Sparrendach auf liegendem Stuhl ge-
zimmert gewesen. Wahrscheinlich knickten im
ınteren Drittel Aufschieblinge die Dachflächen. Die
arsprünglich um 30 cm geringere Mauerkronen-
höhe im Mittelteil der Nordwestfassade muss - wie
erwähnt - mit der Auflage der Pfette auf der Block-
wand oder der Fachwerkmauer zu tun haben. Hier
brachte wohl ein Kniestock die Pfette auf die Höhe,
wie sie die Steinmauer nördlich davon aufweist.
J)as Dach selbst war zu dieser Zeit sehr wahr-
scheinlich mit Flachziegeln eingedeckt gewesen,
die - schadhaft geworden — als Flickmaterial wie-
der verwendet worden sind.
ın diesem Zusammenhang ist noch ein bauliches
Detail zu beachten: Der alte Keller 1b sprang etwa
1,30 m über die Flucht der Südostfassade vor
(Abb. 6), eine ästhetisch wenig glückliche Dispo-
sition., Vielleicht vermag ein 60 cm breiter und
„30 m langer Fundamentrest, 60 cm von der
Ostecke des alten Pfarrhauses zurückversetzt und
ohne Verband mit der älteren Fundamentmauer,
zur Gestaltung der südöstlichen Fassade etwas bei-
zutragen (Abb. 6, 28). Wahrscheinlich wurde die
Südostfassade zu dieser Zeit durch zusätzliche
dauliche Vorkehrungen mit Holz hervorgehoben,
um dem Haus dem Tal zu eine traufseitige Orientie-
rung zu geben. So wären das erwähnte Fundament
ınd der vorkragende Keller im Süden als Stütze
und Auflage für eine der Fassade vorgestellte Holz-
Konstruktion zu interpretieren. Dafür sprechen
abenfalls die acht beobachteten Balkenlöcher, wel-
che die Fenster auf halber Höhe zu beiden Seiten
Jankieren (Abb. 26). Man kann in diesem Zusam-
nenhang auch an Verstrebungen zur Montage
einer Flugpfette denken, eine Vordachgestaltung,
die eine weit ausladende Bedachung der Fassade
ermöglichte.
Es wurde schon bei der Vorstellung des
garocken Hauses der Bauperiode 3 klar, dass man
das alte Pfarrhaus dieser Epoche nicht auf ein oder
zwei Jahre Bauzeit hin datieren kann. Vielmehr
wickelten sich die Bauvorgänge in mehreren
°hasen ab. Die Jahre 1633/34 und 1640/41 sind
aufgrund dendrochronologischer Untersuchungen
m Zusammenhang mit der Bauperiode 3 genannt
worden. Gewiss wurde in den folgenden Jahrzehn-
;en immer wieder gebaut. Jedoch darf man die
Erstellung der Bohlen- oder Fachwerkteile in der
Nordwestfassade in den Jahren 1633/34 als ge-
sichert annehmen, und in einem zweiten Bauschub