Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (98)

der Nordecke des Raumes 17 erfolgten zu einem 
späteren Zeitpunkt. Während der Bauperiode 3 bil- 
dete auf einer Länge von mindestens 9,50 m eine 
Riegel- oder Holzbohlenwand, ansetzend an der 
Westecke des Zimmers 12, die Aussenfront (vgl. 
Abb. 23, 25). Vermauertes Fichtenholz, Reste der 
ehemaligen erwähnten Hauswand, wird in die Jah- 
re 1633/34 datiert (Abb. 27, 29). Die ursprünglich 
geringere Höhe der Mauerkrone im Bereich der 
ehemaligen Holzkonstruktion, ein Befund, der auf 
der Innenseite der nordwestlichen Hausmauer be- 
obachtet werden kann, mag mit konstruktiven Not- 
wendigkeiten bei der Auflage der Pfetten bedingt 
gewesen sein (vgl. Abb. 25). 
Was die Räume betrifft, welche über dem ältes- 
ten Keller im Südwesten lagen, kann —- wie bereits 
vermerkt - nichts Sicheres ausgesagt werden. Der 
Bauteil ist in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhun- 
derts bis auf die Grundmauern abgetragen worden. 
Über dem eben geschilderten Obergeschoss 
befand sich ein geräumiger Kornboden oder Est- 
rich, den zumindest an der Nordostfassade drei 
Fenster und eine unter der Giebelhöhe sitzende 
Öffnung belichteten. Diese Fenster weisen auch 
darauf hin, dass der Giebel vor dem letzten Umbau 
1875) um mindestens 1,30 m bis 1,40 m höher 
war; denn die beiden, das mittlere Estrichfenster 
Nankierenden Lichtquellen - heute vermauert - 
wären bei der gegenwärtigen Firsthöhe zur Gänze 
nicht plazierbar gewesen. In der Tat dokumentiert 
die Bleistiftzeichnung von K. A. Kayser «Der Kirch- 
hügel von Bendern von Nordosten her gesehen», 
vermutlich aus dem Jahre 1843, das Erscheinungs- 
bild der Nordostfassade des alten Pfarrhauses vor 
dem Umbau von 1875 (Abb. 1, 24). Auch das im 
Mauerwerk in Ansätzen und in der Zeichnung von 
Kayser deutlich festgehaltene Fenster unmittelbar 
unter dem First würde die gegenwärtige Dachnei- 
gung und Firsthöhe nicht mehr zulassen. 
Der Dachstuhl dieser Bauperiode war am 
ehesten als Sparrendach auf liegendem Stuhl ge- 
zimmert gewesen. Wahrscheinlich knickten im 
ınteren Drittel Aufschieblinge die Dachflächen. Die 
arsprünglich um 30 cm geringere Mauerkronen- 
höhe im Mittelteil der Nordwestfassade muss - wie 
erwähnt - mit der Auflage der Pfette auf der Block- 
wand oder der Fachwerkmauer zu tun haben. Hier 
brachte wohl ein Kniestock die Pfette auf die Höhe, 
wie sie die Steinmauer nördlich davon aufweist. 
J)as Dach selbst war zu dieser Zeit sehr wahr- 
scheinlich mit Flachziegeln eingedeckt gewesen, 
die - schadhaft geworden — als Flickmaterial wie- 
der verwendet worden sind. 
ın diesem Zusammenhang ist noch ein bauliches 
Detail zu beachten: Der alte Keller 1b sprang etwa 
1,30 m über die Flucht der Südostfassade vor 
(Abb. 6), eine ästhetisch wenig glückliche Dispo- 
sition., Vielleicht vermag ein 60 cm breiter und 
„30 m langer Fundamentrest, 60 cm von der 
Ostecke des alten Pfarrhauses zurückversetzt und 
ohne Verband mit der älteren Fundamentmauer, 
zur Gestaltung der südöstlichen Fassade etwas bei- 
zutragen (Abb. 6, 28). Wahrscheinlich wurde die 
Südostfassade zu dieser Zeit durch zusätzliche 
dauliche Vorkehrungen mit Holz hervorgehoben, 
um dem Haus dem Tal zu eine traufseitige Orientie- 
rung zu geben. So wären das erwähnte Fundament 
ınd der vorkragende Keller im Süden als Stütze 
und Auflage für eine der Fassade vorgestellte Holz- 
Konstruktion zu interpretieren. Dafür sprechen 
abenfalls die acht beobachteten Balkenlöcher, wel- 
che die Fenster auf halber Höhe zu beiden Seiten 
Jankieren (Abb. 26). Man kann in diesem Zusam- 
nenhang auch an Verstrebungen zur Montage 
einer Flugpfette denken, eine Vordachgestaltung, 
die eine weit ausladende Bedachung der Fassade 
ermöglichte. 
Es wurde schon bei der Vorstellung des 
garocken Hauses der Bauperiode 3 klar, dass man 
das alte Pfarrhaus dieser Epoche nicht auf ein oder 
zwei Jahre Bauzeit hin datieren kann. Vielmehr 
wickelten sich die Bauvorgänge in mehreren 
°hasen ab. Die Jahre 1633/34 und 1640/41 sind 
aufgrund dendrochronologischer Untersuchungen 
m Zusammenhang mit der Bauperiode 3 genannt 
worden. Gewiss wurde in den folgenden Jahrzehn- 
;en immer wieder gebaut. Jedoch darf man die 
Erstellung der Bohlen- oder Fachwerkteile in der 
Nordwestfassade in den Jahren 1633/34 als ge- 
sichert annehmen, und in einem zweiten Bauschub
	        

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