Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (98)

DAS ALTE PFARRHAUS AUF DEM KIRCHHÜGEL 
BENDERN / GEORG MALIN 
Kloster St. Luzi ein Haus, das unter dem «Pfarrhof» 
lag. Dabei muss es sich nach all dem, was wir über 
die Bauten auf dem Kirchhügel von Bendern wis- 
sen, um den heutigen Pfarrstall handeln. 
Dann folgt eine weitere Erwähnung im Jahre 
1647. Damals erschien in der «Tafelstube» des 
Pfarrhauses der kaiserliche Notar Dr. Schalk mit 
Zegleitung in der Angelegenheit des ersten Noval- 
zehntstreites zwischen dem Kloster St. Luzi und 
dem Grafen von Hohenems zu Vaduz.® Bei der 
Übergabe der Herrschaftsrechte an die Fürsten von 
Liechtenstein am 16. März 1699 wurden im alten 
>farrhaus entscheidende Gespräche geführt.‘ 
Mehr als ein halbes Jahrhundert später, am 12. 
März 1751, gab der aus Balzers gebürtige Prämon- 
stratenser-Abt Norbert Kaufmann® fünf Lehnsleu- 
ten aus Gamprin und Ruggell allen der Benderer 
statthalterei zur Verfügung stehenden Grundbesitz 
zu Lehen. Davon ausgenommen waren die St.- 
Luzi-Lehen, die Waldungen, die ummauerten Gär- 
en vor der Statthalterei und dem «alten hauß». 
Der vor dem «alten hauß» liegende Garten grenze 
an den «großen Kürchweeg». Ausbedungen war 
auch, dass im alten Haus, welches die Lehnsleute 
erhielten, der «große Keller» und zwei Zimmer des 
Pfarrers weiterhin von diesem genutzt werden soll- 
jen. Sonst erhielten die «Lehnsempfänger» alles: 
den «alten keller», den Torkel samt «büttenen und 
züber», alle übrigen Zimmer des Hauses, die Korn- 
böden usw. Die Mönche liessen die Pächter im al 
jen Haus eine Küche und Stube bauen. Für Schä- 
den hafteten die Lehnsnehmer. Zur Beschreibung 
der örtlichen Umgebung um 1751 dient auch eine 
weitere Passage aus dem Lehnsbrief: Danach be- 
Kamen die Lehnsleute den um die Pfarrkirche lie- 
genden Weinberg und den hinter dem alten Haus 
oefindlichen Garten, der sich in der Länge vom 
«kleinen Kürchweeg» bis zur Begräbnisstätte der 
Kinder, in der Breite vom alten Haus bis an die 
Friedhofmauer erstreckte.” Soweit einige urkundli- 
che Schilderungen der örtlichen Situation in der 
Mitte des 18. Jahrhunderts. 
Gewiss wurde in den folgenden Jahrzehnten 
manches am alten Pfarrhaus verändert und umge- 
yaut. Genaue Angaben hierüber sind heute nicht 
bekannt. Am 29, Juli 1813 hiess es, Bayern, das in 
der Zeit von 1805 bis 1813 die Lehnsrechte in Ben: 
dern innehatte, habe für die Bauten der Pfründe 
ınd für Stallungen und die Umgebung viel Geld 
aufgewendet.!® Vermutlich ist darunter die Sanie- 
rung der Sturmschäden vom Dezember 1810 zu 
verstehen. Ein Sturm hatte an den Bauten auf dem 
Kirchhügel Schaden an der Bedachung angerichtet, 
der sofort behoben werden musste. Und im fol- 
zenden Jahr soll ein Stallgebäude für 900 Gulden 
errichtet worden sein.'!'! Für grössere Investitionen 
der bayerischen Krone in Bendern aber waren die 
Voraussetzungen in politisch unruhigen Zeiten 
kaum gegeben: Ein bescheidener bayerischer Be- 
sitz in einem anderen souveränen Staat, mit mit- 
telalterlichen Rechtsansprüchen begründet und 
3) Erwin Poeschel: Die Kunstdenkmäler des Fürstentums Liechten- 
stein. Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Basel, 
1950, S. 254. - Grundbuchamt Vaduz, M. 8, 9a. 
4) Johann Baptist Büchel: Die Geschichte der Pfarrei Bendern. 
n: JBL 23 (1923), S. 122. 
5) Pater Bonaventura Schalk, Pfarrer und Administrator in Bendern 
‘1634-1654), Prämonstratenser aus dem Kloster Roggenburg. 
Johann Baptist Büchel. wie Anm. 4, 5. 118. 
5) «... den dreisigisten monatstag July jm pfarhoff zue Penderen jn 
der Tafelstuben ...» Zeitgenössische Abschrift, 30. Juli 1647. PfABe, 
LLA Nr. 28, Akt 24. - Johann Baptist Büchel: Die Urkunden des 
”farrarchivs zu Bendern. In: JBL 12 (1912), S. 120-123, - Johann 
Baptist Büchel, wie Anm. 4, 5. 137. - Peter Kaiser: Geschichte des 
Zürstenthums Liechtenstein 1847. Neu hrsg. von Arthur Brunhart 
Vaduz, 1989, Bd. 2, Apparat, S. 451, Anm. 274. 
7) Otto Seger: Von Hohenems zu Liechtenstein. In: JBL 58 (1958). 
S. 113. 
8) Pater Norbert Kaufmann. erwähnt 1744-1754, Bürger von 
Balzers, Abt des Klosters St. Luzi, gestorben in Chur. - Johann 
3aptist Büchel, wie Anm. 4, 5. 119, vgl. auch S. 125-127, 141. 
9) Ebenda, S. 125-127. 
‚0) Schreiben Landvogt Schupplers an das Bischöfliche Ordinariat 
n Chur, 29. Juli 1813. Johann Baptist Büchel, wie Anm, 4, 5. 82-84 
11) Um welches Ökonomiegebäude auf dem Benderer Kirchhügel es 
sich dabei gehandelt hat, ist nicht sicher festzustellen. Vielleicht geh! 
as hier um das Stallgebäude, welches am Fuss des Felsens an der 
Nordseite der Statthalterei stand. Der First des Stalles erreichte die 
Kellerhöhe der Statthalterei. Das Gelände wurde im Spätsommer 
ınd Herbst 1976 archäologisch untersucht. Es könnten damit aber 
auch die Ökonomiegebäude, welche an der Stelle des heutigen 
Zasthauses «Löwen» standen, gemeint sein. 
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