Das Stimmenverhältnis lag bei Quaderer im
iblichen Rahmen, praktisch gleich wie im Falle des
arwähnten Verräters Major Pfister Ende März
1944. Das Stimmenverhältnis bei Roos aber stellte
mmerhin den knappsten Ablehnungsentscheid bei
Landesverräter-Gnadengesuchen überhaupt dar.
ie Parlamentarier stuften Quaderers Vergehen als
noch schwerer ein als dasjenige von Roos, der jün-
ger und von Quaderer hineingezogen war. Zur Be-
gnadigung von Roos reichte es dennoch nicht.
Alles war vergeblich gewesen, das Gnadenge-
such Quaderers und des Pflichtverteidigers Zolli-
kofer, die verzweifelten Bemühungen der Mutter
Anna und der Schwester Klara beim Fürsten und
jei der Regierung, die Intervention der liechten-
steinischen Regierung in Bern in Absprache mit
dem Fürsten. Als zu schwerwiegend werteten nach
dem Gerichtsurteil und den Anträgen von Bundes:
rat und Begnadigungskommission auch die eid-
genössischen Volks- und Ständevertreter die Ver-
:atshandlungen.
Die Bundesversammlung entschied übrigens in
allen Fällen ausser einem ebenso, die Gnadenge-
suche von zum Tode verurteilten Landesverrätern
wurden durchwegs abgelehnt, erst im März 1945,
kurz vor Kriegsende, wurde schliesslich ein junger
“ranzose begnadigt.
DIE HINRICHTUNG AM 7. JUNI 1944
Noch am selben Mittwoch, 7. Juni 1944, an dem
ler Beschluss der Bundesversammlung über Nicht-
jegnadigung gefasst war, erfolgte die Hinrichtung
von Alfred Quaderer, 24 Jahre, und von Kurt Roos,
22 Jahre alt.
Schon am Vortag, dem 6. Juni, war Alfred Qua-
derer vorsorglich - nämlich für den Fall eines
ıegativen Entscheids der Bundesversammlung
a1achmittags durch zwei St. Galler Kantonspolizis-
ten aus der Strafanstalt St. Jakob in St. Gallen in
den Kanton Zürich überführt und der Zürcher Kan-
;onspolizei übergeben worden, offenbar in Win-
:;erthur, wie eine Angabe auf der Überführungs-
weisung annehmen lässt.
Die ungewöhnliche Überstellung in den Kanton
Zürich war nötig geworden, weil die allfällige Voll-
streckung im Kanton Zürich stattfinden musste,
durch «Truppen aus der Innerschweiz». Quaderer
ınd Roos hatten in Zug gewohnt, Roos war Soldat
n der Innerschweiz gewesen. Bei einem verurteil-
ten Armeeangehörigen hatten Soldaten aus der
gleichen Truppeneinheit ihren Verräterkameraden
zu exekutieren. Bundesrat Kobelt als EMD-Vorste-
ner und Oberstbrigadier Eugster als Armeeauditor
hatten ihrerseits bereits Oberst Thomann, den
Kommandanten des Gebirgsinfanterie-Regiments
37, für den Fall, dass die Bundesversammlung die
Begnadigung ablehne, mit dem Vollzug der Todes-
strafe an Quaderer und Roos auf den Abend des
7. Juni beauftragt. Aus Thomanns Regiment war
das Exekutionskommando zu stellen, möglicher-
weise aus der Stabskompanie 48, der Roos an-
gehörte.
Auf der Überweisung stehen zwei auffällig
herausgehobene Vermerke: «transportfähig» und
«Vorsicht (englisch schliessen)». Das letztere ist —
wie eine Nachfrage des Verfassers bei der Landes-
oolizei in Vaduz und von dort bei der Kantons-
jolizei Zürich ergeben hat - eine Fesselungsart, die
seinerzeit beim Transport von Häftlingen mit gros-
sem Fluchtrisiko öfter angewandt wurde und zu-
gleich unauffällig war: Eine dünne Kette war mit
einem Schloss am einen Handgelenk und mit
einem zweiten Schloss am gegenüberliegenden
Fussgelenk festgemacht, dabei lag die Kette unter
lem Rockärmel, die Hand steckte in der Hosen-
jasche, von wo die Kette durch ein Loch durch das
andere Hosenbein zum Fuss hinablief, und zwar so
straff, dass Gehen nur in leicht gebückter Haltung
nöglich war. Flucht war unmöglich, obwohl die
zweite Hand frei war. Aussenstehende erkannten
kaum, dass ein Schwerverbrechertransport vor
sich ging. In dieser Weise wurde Alfred Quaderer,
den man mit Grund als fluchtgefährdet einstufte,
«englisch» gesichert von St. Gallen nach Zürich
gebracht. Die Polizei wollte kein Risiko und kein
\ufsehen.
Alfred Quaderer war zweifellos klar, was diese
Verlegung bedeutete. Ihm wurden alle seine weni-