Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (98)

Das Stimmenverhältnis lag bei Quaderer im 
iblichen Rahmen, praktisch gleich wie im Falle des 
arwähnten Verräters Major Pfister Ende März 
1944. Das Stimmenverhältnis bei Roos aber stellte 
mmerhin den knappsten Ablehnungsentscheid bei 
Landesverräter-Gnadengesuchen überhaupt dar. 
ie Parlamentarier stuften Quaderers Vergehen als 
noch schwerer ein als dasjenige von Roos, der jün- 
ger und von Quaderer hineingezogen war. Zur Be- 
gnadigung von Roos reichte es dennoch nicht. 
Alles war vergeblich gewesen, das Gnadenge- 
such Quaderers und des Pflichtverteidigers Zolli- 
kofer, die verzweifelten Bemühungen der Mutter 
Anna und der Schwester Klara beim Fürsten und 
jei der Regierung, die Intervention der liechten- 
steinischen Regierung in Bern in Absprache mit 
dem Fürsten. Als zu schwerwiegend werteten nach 
dem Gerichtsurteil und den Anträgen von Bundes: 
rat und Begnadigungskommission auch die eid- 
genössischen Volks- und Ständevertreter die Ver- 
:atshandlungen. 
Die Bundesversammlung entschied übrigens in 
allen Fällen ausser einem ebenso, die Gnadenge- 
suche von zum Tode verurteilten Landesverrätern 
wurden durchwegs abgelehnt, erst im März 1945, 
kurz vor Kriegsende, wurde schliesslich ein junger 
“ranzose begnadigt. 
DIE HINRICHTUNG AM 7. JUNI 1944 
Noch am selben Mittwoch, 7. Juni 1944, an dem 
ler Beschluss der Bundesversammlung über Nicht- 
jegnadigung gefasst war, erfolgte die Hinrichtung 
von Alfred Quaderer, 24 Jahre, und von Kurt Roos, 
22 Jahre alt. 
Schon am Vortag, dem 6. Juni, war Alfred Qua- 
derer vorsorglich - nämlich für den Fall eines 
ıegativen Entscheids der Bundesversammlung 
a1achmittags durch zwei St. Galler Kantonspolizis- 
ten aus der Strafanstalt St. Jakob in St. Gallen in 
den Kanton Zürich überführt und der Zürcher Kan- 
;onspolizei übergeben worden, offenbar in Win- 
:;erthur, wie eine Angabe auf der Überführungs- 
weisung annehmen lässt. 
Die ungewöhnliche Überstellung in den Kanton 
Zürich war nötig geworden, weil die allfällige Voll- 
streckung im Kanton Zürich stattfinden musste, 
durch «Truppen aus der Innerschweiz». Quaderer 
ınd Roos hatten in Zug gewohnt, Roos war Soldat 
n der Innerschweiz gewesen. Bei einem verurteil- 
ten Armeeangehörigen hatten Soldaten aus der 
gleichen Truppeneinheit ihren Verräterkameraden 
zu exekutieren. Bundesrat Kobelt als EMD-Vorste- 
ner und Oberstbrigadier Eugster als Armeeauditor 
hatten ihrerseits bereits Oberst Thomann, den 
Kommandanten des Gebirgsinfanterie-Regiments 
37, für den Fall, dass die Bundesversammlung die 
Begnadigung ablehne, mit dem Vollzug der Todes- 
strafe an Quaderer und Roos auf den Abend des 
7. Juni beauftragt. Aus Thomanns Regiment war 
das Exekutionskommando zu stellen, möglicher- 
weise aus der Stabskompanie 48, der Roos an- 
gehörte. 
Auf der Überweisung stehen zwei auffällig 
herausgehobene Vermerke: «transportfähig» und 
«Vorsicht (englisch schliessen)». Das letztere ist — 
wie eine Nachfrage des Verfassers bei der Landes- 
oolizei in Vaduz und von dort bei der Kantons- 
jolizei Zürich ergeben hat - eine Fesselungsart, die 
seinerzeit beim Transport von Häftlingen mit gros- 
sem Fluchtrisiko öfter angewandt wurde und zu- 
gleich unauffällig war: Eine dünne Kette war mit 
einem Schloss am einen Handgelenk und mit 
einem zweiten Schloss am gegenüberliegenden 
Fussgelenk festgemacht, dabei lag die Kette unter 
lem Rockärmel, die Hand steckte in der Hosen- 
jasche, von wo die Kette durch ein Loch durch das 
andere Hosenbein zum Fuss hinablief, und zwar so 
straff, dass Gehen nur in leicht gebückter Haltung 
nöglich war. Flucht war unmöglich, obwohl die 
zweite Hand frei war. Aussenstehende erkannten 
kaum, dass ein Schwerverbrechertransport vor 
sich ging. In dieser Weise wurde Alfred Quaderer, 
den man mit Grund als fluchtgefährdet einstufte, 
«englisch» gesichert von St. Gallen nach Zürich 
gebracht. Die Polizei wollte kein Risiko und kein 
\ufsehen. 
Alfred Quaderer war zweifellos klar, was diese 
Verlegung bedeutete. Ihm wurden alle seine weni-
	        

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