Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (98)

15 cm-Kanonen, die ersteren waren ab Mitte 1943 
schussbereit, die zweiten 1944. Roos nun lieferte 
Quaderer nach seinem Hochgebirgskurs einen ge- 
nauen Plan des Festungswerks «Sasso da Pigna», 
samt Angaben über die Postierung der Geschütze, 
Maschinengewehre, Munitionsstollen und Unter- 
künfte. 
Quaderer und Roos verleiteten auch drei weite- 
re, junge schweizerische Wehrmänner, darunter 
einen Korporal, dazu, ihnen gegen Geld militärisch 
uaeheimes zu verraten. So erlangten sie von zwei 
Funkern Chiffrierverfahren und Codes der schwei- 
zerischen Funkertruppen, Angaben über die Ein- 
richtung des Funkerzentrums Morschach ob dem 
Vierwaldstättersee und über die von dort bestehen- 
den Verbindungen zum Armeestab und zu den 
Armeekorpskommandos, dazu Informationen über 
die Organisation und den Betrieb von Funkersta- 
tionen im Gebiet von Altdorf über Luzern bis nach 
Interlaken und zum Sustenpass. Alles kam in deut- 
sche Hände, über Kranz und Weh nach Feldkirch 
und von dort nach Bregenz und weiter. 
Mit all den von Quaderer und Roos begangenen 
Handlungen, so wertete später das Gericht, waren 
Teile des Reduits und insbesondere «das Gerippe 
der Abwehrorganisation» der Schweiz verraten. 
Die Folgen galten als grossenteils irreparabel. 
Deutschland hätte bei einem Angriff die Mobilisa- 
tion der Schweizer Armee erheblich stören oder 
sogar verunmöglichen können. Der organisierte 
Widerstand der Schweiz war gefährdet. Entspre- 
chend urteilte das Militärgericht. 
DER MILITÄRGERICHTSPROZESS 
Das Treiben von Alfred Quaderer, Kurt Roos und 
Konsorten, wie der grössere Spionagering etwa 
genannt wurde, flog Anfang 1943 auf. Manches 
war aufgefallen, die Spionierenden waren im Grun- 
de unprofessionelle Dilettanten. Die Spionageab- 
wehr hatte unter anderem die Diebstähle im Zuger 
Platzkommando entdeckt. Sie stiess auf Quaderer, 
der observiert wurde. 
Alfred Quaderer wurde am 2. Januar 1943 an 
der Grenze in Buchs aus dem Postauto heraus 
verhaftet, als er von Schaan aus mit Roos und zwei 
Schaaner Cousins nach Wildhaus zum Skifahren 
ınterwegs war. In Kürze sass fast der ganze Spio- 
nagering in Haft, ausser den beiden Köpfen Willy 
Weh und Willy Kranz, die in Feldkirch blieben. 
Alfred Quaderer wurde zuerst im Rathaus in Buchs 
und dann in Zürich polizeilich verhört und bald ins 
Bezirksgefängnis St. Gallen verlegt. Am 13. Januar 
1943 begann die gerichtliche Voruntersuchung. 
uaderer gestand, nach anfänglichem Leugnen. 
In Untersuchungshaft genommen wurde auch 
der Vater, Josef Alfred Quaderer. Bei ihm fand man 
ıämlich Fotos und geographische Karten mit mi- 
ltärischen Einträgen von Anlagen am Zugerberg 
ınd am Zürichsee. Gleiches hatte er Weh geliefert. 
Quaderer senior starb aber schon im März 1943 
während der Untersuchungshaft in St. Gallen. In 
Schaan hielt sich bis heute die Meinung, er habe 
Selbstmord begangen. Als Todesursache ist indes 
ein durchgebrochenes Magengeschwür genannt. 
Quaderer senior wäre angesichts des Belastungs- 
materials zweifellos ebenfalls verurteilt worden, 
aber sicher nicht zum Tode. 
Die Strafuntersuchung, die sich bald auf über 
zwei Dutzend Verdächtige erstreckte, und die Vor- 
vereitung der Anklagen füllten das ganze Jahr 1943 
ınd die Monate bis zum März 1944. Alfred Quade- 
rer sass in dieser ganzen Zeit als Untersuchungs- 
häftling in Einzelhaft in St. Gallen; bis zum Ende wur- 
den es fast eineinhalb Jahre. Er empfand das Ge- 
fängnisessen als knapp, Zigaretten mangelten ihm. 
Straffälle nach Militärstrafgesetz wurden nicht 
von bürgerlichen, sondern von Militärgerichten be- 
1andelt. Neben den Divisionsgerichten bestanden 
Territorialgerichte. In der Strafsache «Quaderer, 
Roos und Konsorten» urteilte das Territorialgericht 
3b in St. Gallen. 
Das Verfahren lief ab wie bei einem zivilen 
Gericht. Ein militärischer Untersuchungsrichter, 
dauptmann E. Brunner, führte die Voruntersu- 
chung, danach erfolgte die Überweisung ans Ge- 
richt durch den Auditor - wie der Ankläger oder 
Staatsanwalt hiess -, und darauf kam es zur
	        

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