Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (98)

Weh, dessen Mutter eine Quaderer aus Schaan war. 
Weh war Österreicher, seit 1938 Deutscher. Als 
Nationalsozialist hatte er vor 1938 schon der illega- 
en NSDAP angehört. Weh war Baumeister im Feld- 
K«ircher Baugeschäft Hilty. Alfred Quaderer ver- 
brachte 1939 Ferien bei Weh in Feldkirch und fuhr 
nit ihm auf Baustellen und unter anderem auf 
den Brenner. Weh vermittelte dem 19-Jährigen ein 
positives Bild des Dritten Reiches. 
Im Krieg wurde Weh dann 1941 von der deut- 
schen «Abwehrstelle Bregenz» der deutschen Mi- 
itärspionage beauftragt, Spionageergebnisse aus 
der Schweiz zu beschaffen. Weh sagte später, er sei 
dazu gezwungen worden, sonst wäre er in den 
Krieg einberufen worden. Willy Weh kam im Früh- 
'ahr 1941 zu Besuch zu den Verwandten nach Zug, 
nit Hintergedanken. Er sass mit der Familie Qua- 
derer im Garten, man plauderte. Alfred begleitete 
ıhn noch durch die Stadt zum Bahnhof, da gab Weh 
ihm plötzlich 50 Franken und forderte ihn auf, ge- 
gen mehr Geld militärisch Interessantes zu liefern. 
Vom Geld verlockt, sagte Alfred zu. Den Vater Qua- 
derer hatte Weh bei jenem Besuch in Zug ebenfalls 
zur Spionage gedrängt, unabhängig vom Sohn. 
Widerstrebend spähte auch der Vater in der Folge 
einiges für Weh aus. 
Alfred begann im Frühsommer 1941, an Weh 
militärische Informationen zu liefern. Weh wieder- 
ım bewog ihn, weitere Personen in der Schweiz 
anzuwerben. Alfred zog sonach bald seinen Freund 
Roos ins Vertrauen und im Sommer 1941 ins 
Geschäft. Er nahm Roos mit nach Liechtenstein, 
zum Volksfest in Vaduz am 15. August 1941, dem 
Vorabend des Fürstengeburtstages. Bei der nächs- 
;en Liechtensteinfahrt, wenig später, führte Quade- 
rer Roos nach Schaan. Hier trafen sie sich mit Qua- 
derers Cousin, der auf der Schaaner Post arbeitete. 
Dieser lud sie zum Mittagessen ins mütterliche 
«Bierhüsle» und führte sie nachher zu Weh in ein 
Schaaner Privathaus. Quaderer übergab dort ge- 
stohlenes schriftliches Militärmaterial an Weh, und 
Weh seinerseits überredete nun auch Roos zur 
Spionage. Weh, der bei dieser Unterredung die Zie- 
je des Nationalsozialismus pries, instruierte Qua- 
derer und den Neuspion Roos, was sie zu tun und 
wie sie vorzugehen hätten: Sie sollten schweize- 
rische Festungsanlagen ausmachen, Truppenein- 
neiten und Truppenbewegungen notieren, militä- 
risches Instruktionsmaterial sowie topographische 
Karten beibringen. Als Zwischenträger für Qua- 
derer/Roos und Weh fungierte zeitweilig der er- 
wähnte Schaaner Cousin, indem er als Postange- 
stellter Aufträge von Weh telefonisch nach Zug 
übermittelte oder Wehs Briefe an sie in Buchs zur 
Post brachte — was schliesslich die Schweizer Er- 
Mnittlungen erleichterte. Zur Rolle von Weh sagte 
Alfred Quaderer im späteren Gerichtsverfahren im 
März 1944 dann aus: 
«Bei meinen ganzen Vorgehen war der Angeklagte 
Weh die treibende Kraft.» 
Willy Weh und andere Agenten der deutschen 
Abwehr in Vorarlberg spannen weitere Fäden. In 
Feldkirch arbeitete bei der dortigen Industrie- und 
Handelskammer als Grenzgänger der 1921 gebo- 
zene Liechtensteiner Willy Kranz aus Nendeln. 
Kranz war aktives Mitglied der nationalsozialis- 
schen «Volksdeutschen Bewegung in Liechten- 
stein». Als 18-Jähriger war er 1939 an deren ge- 
zscheitertem Anschlussputsch beteiligt gewesen. 
Der junge Kranz wurde nun von Feldkirch aus ab 
‚941 ebenfalls Richtung Schweiz eingesetzt, als 
Kopf eines wachsenden Spionagenetzes in der 
Schweiz und in Liechtenstein. Im Spätherbst 1941 
wurde Willy Kranz durch Weh mit Quaderer und 
Roos in Kontakt gebracht, indem er ihnen am 
22. November 800 Franken Spionageentgelt nach 
Zug zu überbringen hatte. Kranz, in Zug zuerst 
unter dem Decknamen «Willy Ring» auftretend, 
sagte zu Quaderer, er sei «gelernter Spion», er 
habe einschlägige «Kurse in München, Innsbruck 
and Berlin besucht». Kranz kam danach zu Treffen 
mit Quaderer und Roos nach Zug, Zürich, Ziegel- 
brücke, Luzern und Erstfeld. Er brachte Geld und 
neue Aufträge und übernahm Material. Quaderer 
aändigte ihm auch in Schaan und Nendeln Spio- 
n1agecouverts aus. Kranz übergab sie Weh, zumeist 
nn Schaan, wo Weh unauffällig geschäftlich verkeh- 
ren konnte. Weh brachte die Beute im Auto nach 
Feldkirch, wo seine Abwehr-Auftraggeber sie er-
	        

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