LANDESVERRAT: DER FALL DES 1944 IN DER SCHWEIZ
HINGERICHTETEN ALFRED QUADERER / PETER GEIGER
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Der Fall «Quaderer, Roos
und Konsorten»
ALFRED QUADERER UND SEIN UMFELD
Alfred Quaderer, am 20. April 1920 geboren, war
Liechtensteiner Bürger von Schaan. Er wuchs hier
is zur fünften Klasse Primarschule auf. Er sei da
glücklich gewesen, sagte Alfred später. Familie und
Freunde riefen ihn «Fredy». Dann zog die Familie
nach Zug, dort arbeitete der Vater, Josef Alfred, bei
Landis und Gyr, er war Elektroingenieur und ein
Erfinder. Die Familie Quaderer wohnte an der
Schwertstrasse 22. 1933 starb die ältere Schwester
von Alfred an Tuberkulose, 17-jährig. Die ver-
bleibende Schwester Klara war ein Jahr jünger als
Alfred. Der Vater wurde magenkrank, was Geld
verschlang. Der Junge fühlte sich in Zug isoliert. Er
durchlief die Sekundarschule und absolvierte eine
Lehre als Maler für Dekorationen und Schriften.
Nach der Lehre wechselte er oft die Stelle, die Ma-
lerarbeit gefiel ihm nicht. Zeitweilig war er ohne
\rbeit.
Alfred Quaderer hatte in Zug bei den Pfadfin-
dern den zwei Jahre jüngeren Kurt Roos, geboren
1922, kennengelernt. Die zwei Freunde verbrach-
‚en fortan die ganze Freizeit miteinander. Quaderer
ıatte später eine Freundin in Uster. Roos kam aus
ınerfreulichen Familienverhältnissen, war Gymna-
siast, trat aber vor der Matura aus und arbeitete als
Kaufmännischer Angestellter. Gemeinsam verübten
Quaderer und Roos schliesslich die Verratshand-
lungen, ab 1941. Leitend war dabei der etwas älte-
°e Quaderer.
Von sich aus wären sie wohl nicht auf die Idee
gekommen, Spionage zu treiben. Die beiden be-
wunderten zwar die deutschen Waffenerfolge, aber
zie waren im Grunde unpolitische Burschen, ver-
Kehrten im Zuger Tanzclub, fuhren Ski, suchten
Vergnügen. Und etwas Geld. Nationalsozialisten im
‚deologischen Sinne waren sie nicht, auch wenn
Quaderer später im Verhör aussagte, er sei «sehr
für die Deutschen eingenommen» gewesen. Viel-
mehr spannen sich die Fäden über die liechten-
steinische Herkunft und die verwandtschaftlichen
Beziehungen.
In Feldkirch lebte nämlich ein etwas älterer Cou-
sin von Alfred Quaderer, der 1911 geborene Willy
Als Bub in Schaan sei er
glücklich gewesen: Alfred
Quaderer. Ausschnitt aus
lem Klassenfoto (siehe
ibernächste Seite),
ım 1930