Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (98)

«DER EINZIGE MANN, DER DIE SACHE AUF SICH 
NEHMEN KÖNNTE ...» / JÜRGEN SCHREMSER 
überweisung aufgebe und sie nicht in Erscheinung 
ireten müssten. Mit einem entsprechenden Vor- 
schlag Krieners war Hübner einverstanden, für ihn 
war Alois Vogt «der einzige Mann, der die Sache 
auf sich nehmen könnte.»“® Parallel zur liechten- 
steinischen Absprache suchten Hübner und Krie- 
ner das reichsdeutsche Obergerichtsmitglied Dr. 
Walter Murr zu beeinflussen.“ Mit Untersu- 
chungsrichter Risch wurde vereinbart, das Resultat 
der Obergerichtssitzung vom 18. Dezember eben- 
falls über Murr der Gestapo durchzugeben. Als 
das Haftentlassungsgesuch Rudolf Blaschkes vom 
Ibergericht abgewiesen wurde, informierte Gesta- 
pochef Kriener am Morgen des darauffolgenden 
Tages, dem 19. Dezember, den SD in München, 
ebenso die Gestapostellen in Bregenz und Inns: 
bruck.??> 
Für die Zeit zwischen dem 20. Dezember und 
der Haftentlassung Blaschkes am 30. Dezember 
1942 ist keine deutsche Fernmelde-Korrespondenz 
mehr erhalten. Die hintergründigen behördlichen 
Enthaftungsbemühungen dürften angehalten ha- 
ben. Von Seiten der Gestapo wurde «nun anheim- 
gestellt, die Angelegenheit mit Dr. Vogt weiter zu 
regeln.»?% Ausserdem wünschte Kommissar Hüb- 
ner für den 22. Dezember, sich mit Regierungschef 
Hoop in Feldkirch zu treffen.“ 
Am 23. Dezember 1942 wurde dem inhaftierten 
Rudolf Blaschke der abweisende Entscheid des 
Obergerichts mitgeteilt. Nur eine Woche später, am 
30. Dezember, sollte Blaschke auf freien Fuss 
gesetzt werden. Landrichter Risch erklärte ihm, 
dass er gegen Gelöbnis, sich gerichtlich verfügbar 
zu halten, entlassen werde.“”® 
Das juristische Vorgehen von Untersuchungs- 
richter Risch war von der liechtensteinischen Re- 
gierung politisch erwünscht.“ Gemäss Alois Vogt 
wurde Regierungssekretär Ferdinand Nigg Ende 
Dezember durch die liechtensteinische Regierung 
bevollmächtigt, als Staatsanwalt einen Einstel- 
lungsantrag einzubringen. An einer diesbezügli- 
chen Sitzung hätten Vogt selber, Regierungschef 
Hoop, Landrichter Risch, Regierungssekretär Nigg 
und eventuell auch Regierungsrat Anton Frommelt 
teilgenommen.?°% 
«DER FALL IST EINER DER DELIKATESTEN 
ÜBERHAUPT» 
Alois Vogt erklärte der schweizerischen Bundes- 
polizei nach dem Krieg, dass er in der Angelegen- 
heit «Blaschke» weder mit den S$D-Leuten Groebl 
und Dauser verhandelt noch Kenntnis von den in- 
ternen Vorgängen bei SD und Gestapo gehabt 
283) Ebenda, Fernschreiben 2. Dezember 1942: RSHA/Amt VI an 
Hübner (Greko Bregenz). 
284) Ebenda, Fernschreiben 3. Dezember 1942: Hübner (Greko 
Bregenz) an Bernhard (RSHA). 
285) Ebenda, Fernschreiben 5. Dezember 1942: Kriener (Grepo 
Feldkirch) an Hübner (Greko Bregenz). 
286) Ebenda, Fernschreiben 5. Dezember 1942: Kriener (Grepo 
Feldkirch) an Dauser (SD München). 
287) Ebenda, Fernschreiben 5. Dezember 1942: Kriener (Grepo 
Feldkirch) an Hübner (Greko Bregenz). 
288) Ebenda, Fernschreiben 8. Dezember 1942: Hübner (Greko 
Bregenz) an Gestapo Innsbruck. 
289) LLA RF* 214/312, 10. Dezember 1942: Auslieferungsgesuch 
Jberstaatsanwaltschaft München. 
290) BAB Bupo-Vernehmung Alois Vogt 1946, S. 42. 
291) BAB Bupo-Vernehmung Alois Vogt 1946, S. 42 f.; LLA RF 
238/194 «Vernehmungsprotokoll Friederico Schwend». 
292) BAB Dossier Blaschke. Fernschreiben 17. Dezember 1942: 
Kriener (Grepo Feldkirch) an Greko Bregenz. 
293) Ebenda, Fernschreiben 17. Dezember 1942 (18.30 Uhr): 
Yübner (Greko Bregenz) an Kriener (Grepo Feldkirch). 
294) Ebenda, Fernschreiben 17. Dezember 1942: Kriener (Grepo 
Zeldkirch) an Greko Bregenz. 
295) Ebenda, Fernschreiben 19. Dezember 1942 (9.55 Uhr): 
KXriener (Grepo Feldkirch) an SD München, «nachrichtlich an die 
Stapo Innsbruck und Greko Bregenz». 
296) Ebenda. 
297) Ebenda, Fernschreiben 17. Dezember 1942: Kriener (Grepo 
Seldkirch) an Greko Bregenz. 
298) LLA RF 238/194, 30. Dezember 1942: FL-Landgericht 
299) Die offizielle Einstellung des Verfahrens gegen Blaschke 
erfolgte auf Antrag von Staatsanwalt Nigg am 23. Dezember 1943 
«mangels hinreichender Verdachtsgründe für einen stralbaren 
Tatbestand»: desgleichen endete «wegen Landesabwesenheit» das 
Verfahren gegen Friedrich Schwend, der mitbeteiligt erschien. Vgl 
„LA RF 238/194, 30. November 1942, rückseitige Vermerke. 
300) BAB Bupo-Vernehmung Alois Vogt 1946, 5. 43.
	        

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