Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (97)

ihre Pläne zur Errichtung einer Zuschg im Jahre 1703 in die Tat um.412 Das kaiserliche Zollamt in Feldkirch protestierte sogleich gegen die neue Ab- ladestation in Schaan und reichte bei der Regie- rung und Hofkammer in Innsbruck Klage ein.413 Die Untertanen der Reichsherrschaft Hohenems waren ebenfalls unzufrieden. Sie beklagten, dass die österreichischen Untertanen den gesamten Rodverkehr an sich gerissen hätten und sie (die Hohenemser) somit leer ausgehen würden.414 Die jüngsten Entwicklungen im Fuhrwesen ste- hen in einem engen Zusammenhang mit den ver- änderten Herrschaftsverhältnissen in Vaduz und Schellenberg im frühen 18. Jahrhundert. Das Gra- fengeschlecht der Hohenemser, welches die beiden Herrschaften seit 1613 regierte, sah sich infolge ei- ner überbordenden Schuldenwirtschaft (die wie- derum auf seinen verschwenderischen Lebensstil zurückzuführen war) gezwungen, die beiden Herr- schaften zu verkaufen.415 (Bereits 1684 war eine kaiserliche Kommission eingesetzt worden, die un- ter der Leitung des Fürstabts von Kempten den Ho- henemser Grafen Ferdinand Karl entmachtete und die beiden Herrschaften Vaduz und Schellenberg unter ihre Verwaltung stellte.416) Zuerst wurde am Ende des 17. Jahrhunderts lediglich Schellenberg zum Verkauf angeboten. Das Fürstenhaus von Liechtenstein, ein altes österreichisches Adelsge- schlecht, überbot die übrigen Interessenten (u. a. den Abt von St. Gallen und den Bischof von Chur) und erwarb 1699 die Herrschaftsrechte für Schel- lenberg um 115 000 Gulden.417 Dreizehn Jahre spä- ter, 1712, konnte sich das Haus Liechtenstein für 290 000 Gulden auch die Rechte an der Grafschaft Vaduz erkaufen. Da die Fürsten von Liechtenstein damit zwei reichsunmittelbare Gebiete erworben hatten, stand der Erhebung zum Reichsfürstentum Liechtenstein im Jahre 1719 nun nichts mehr im Wege.418 Besondere Betrachtung verdient nun der Zeitraum 1699 bis 1712, weil in diesen Jahren die Landschaften Vaduz und Schellenberg politisch voneinander getrennt waren. Dies führte zu einer gewissen Rechtsunsicherheit. Was galten die bishe- rigen Ordnungen und Verträge noch, die einst für beide Landschaften abgeschlossen worden waren? 
Die Errichtung der Schaaner Zuschg im Jahre 1703 machte ein zweifaches Anliegen der Graf- schaft Vaduz deutlich: Die Oberländer Fuhrleute wollten von den Untertanen der Herrschaft Schel- lenberg im Fuhrwesen abgesondert werden, um damit ihren Anteil am Warenverkehr für die Strecke Schaan-Balzers-Maienfeld zu behaupten. Das eigenmächtige Vorgehen, das den Durchgangs- verkehr zwangsläufig berühren musste, rief in der Folge auch Österreich auf den Plan. Alle drei Seiten (Österreich, die Fürstlich-Liechtensteinische Herr- schaft Schellenberg und die unter der Verwaltung des Fürstabts von Kempten stehende Grafschaft Vaduz) trafen sich im Juli 1704 in Bregenz zu einer Konferenz, um den Rodverkehr neu zu regeln. Da- bei wurde die folgende neue Rodordnung verab- schiedet: Rodordnung von 17044]9 1. Die Rodordnung von 1676 wird mit nachste- henden Ergänzungen und Abänderungen bestätigt. 2. Der Fürstlich-kemptische Rat und Kammerdi- rektor Johann Jacob Motz erklärt in Übereinstim- mung mit seinem Fürsten, dass der in Schaan er- richtete Abstoss des Getreides wieder aufgehoben werden muss. 3. Der Fürstlich-liechtensteinische Landvogt Jo- hann Franz Paur erklärt in Übereinstimmung mit seinem Fürsten, dass es den gräflich-vaduzischen Untertanen (ohne Pfarrei Balzers) künftig zustehe, einen Drittel der Kaufmannsgüter von Feldkirch nach Balzers zu transportieren. (Abänderung von Punkt 3 des Vergleichs von 1676.) 4. Der Fürstlich-kemptische Rat J. J. Motz ga- rantiert, dass - solange Vaduz der kaiserlichen Ad- ministrations-Kommission unterstellt ist - beide Landschaften Vaduz und Schellenberg die ihnen zustehenden Rodrechte und Freiheiten ausüben dürfen. 5. Das über den Arlberg kommende Kaufmanns- gut und Salz, wie auch die «Veldkirch: Leinwath, Ballen oder Legele» sind von der Rod befreit. Fuhr- leute, denen diese Eilgüter anvertraut werden, dürfen sich «durch Ahnnembung eines ringeren Lohns» (zum Beispiel in Form von Naturalien) an- 78
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.