Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (97)

DAS ROD- UND FUHRWESEN IM FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN / KLAUS BIEDERMANN Hälfte des 17. Jahrhunderts erlauben keinen Rück- schluss darauf, ob diese Fuhrleute im Einklang oder im Widerspruch zu den geltenden Rodverein- barungen handelten. Ein Brief der Vogteiverwaltung Feldkirch vom 29. März 1645 brachte schliesslich wichtige Aussa- gen zum Verhältnis zwischen Österreich und den Herrschaften Vaduz/Schellenberg in Bezug auf das Rodwesen. Der an den damaligen Landesherrn, den Flohenemser Grafen Jakob Hannibal adressier- te Brief zeigt bereits grundsätzliche Probleme und Konflikte auf, welche auch die folgenden beiden Jahrhunderte die Beziehungen zwischen den be- nachbarten Regionen schwer belasteten. Die Feld- kircher Behörden protestierten in ihrem Schreiben gegen WiUkürmassnahmen der Schellenberger Un- tertanen: Jene würden «die Fuehrleuth bey der Mühlin ahm Schaanwaldt mit Gewaldt auffhalten, Güetter und Getraidt ab den Wägen abladen, und theils in dass Rieth werffen».379 Diese gewaltsame Aufhaltung österreichischer Gütertransporte wür- de in einem krassen Widerspruch zu den verein- barten Abmachungen stehen, und schliesslich hät- te auch Graf Jakob Hannibal schriftlich zugesi- chert, «diss Unwesen [bei seinen Untertanen] ab- zustellen».380 Amann Schächlin wäre im Auftrag des Grafen zu den Zollbeamten gegangen, auf dass diese die österreichischen Fuhrleute vor den Ge- waltakten warnten, die sich in Schaanwald ereig- nen würden. Dies, so der Feldkircher Vogteiverwal- ter, führte dazu, dass die österreichischen Kaufleu- te bereits in Erwägung zogen, «zue Sicherung ihrer Wahren die angefangene Strass auffen Schweizer Boden zue gebrauchen».381 Dadurch würden auch die Unterländer Fuhrleute den Verdienst im Fuhr- wesen gänzlich verlieren. Die Behörden in Feld- kirch forderten den Grafen auf, im Fuhrwesen eine befriedigende Ordnung zu schaffen. Falls sich die Situation nicht verbessern würde, so wäre die Vog- teiverwaltung gezwungen, die Beschwerde an eine höhere Instanz, und zwar an das k.u.k. Landes- gubernium in Innsbruck weiterzuleiten. Sechs Jahre später, 1651, war von einer ausser- ordentlichen Preiserhöhung in Feldkirch die Rede. Unschwer kann hier ein Zusammenhang mit dem 
Dreissigjährigen Krieg festgestellt werden. Handel und Verkehr waren stark zurück gegangen. Eine Aussage des Fuhrmanns Georg Schneider aus Flöchst hierzu ist sehr aufschlussreich: Die Ursache für diese Entwicklung sei der Kriegsaufschlag des Feldkircher Zolls. In Nürnberg oder in Ulm gela- dene Güter würden deshalb kaum noch auf rechts- rheinischem Wege durchgeführt. Über 90 Prozent dieser Waren liefen folglich durch die Schweiz.382 Der Feldkircher Faktor Bernhard Schenk bestätig- te, dass er früher jährlich bis zu 600 Warenstücke beförderte, derzeit (1651) aber wären es nunmehr 200.383 Die Kaufleute zogen es offenbar vor, das Korn und die Kaufmannsgüter, welche vom Boden- see kamen, über die schweizerische Seite des Rheintals nach Graubünden transportieren zu las- sen. An «etwelchen Orten»384 hätte man dort be- reits «Geräthäuser» und Zuschgen errichtet, zum Nachteil der österreichischen, hohenemsischen und gräflich-vaduzischen und schellenbergischen 372) Kaiser, Arthur Brunhart, S. 412. 373) Ebenda. S. 422. Der Bericht des Pfarrers von Bendern ist sprachlich der Form des 19. Jahrhunderts angopasst worden. 374) Vgl. Tschaikner. Hexenverfolgungen, S. 10, wo ebenfalls auf die Krisenjahre um 16.30 Bezug genommen wird. 375) Kaiser, Arthur Brunhart, S. 427. Prominente wurden von diesem Schicksal genauso heimgesucht: 1635 starb der Churer Bischof Joseph Mohr an der Pest. 376) Bilgeri. Stadt Feldkirch, S. 281 und Burmeister, Stadt Feldkirch, S. 191. 377) Burmeister. Stadt Feldkirch, S. 191. 378) LLA RA 20/5, unterzeichnet von Graf Jacob Hannibal von Hohenems. Hubmeister Johann Christoph von der Haid und Hof- schreiber Johann Wilhelm Marius auf Schloss Feldkirch. 379) LLA RA 20/4. 380) Ebenda. 381) Ebenda. 382) Bilgeri. Stadt Feldkirch. S. 282. 383) Ebenda. Leider ist nicht angegeben, auf welchen Zeitraum sich der Transport von diesen 200 bzw. 600 Warenstücken bezieht. 384) LLA RA 20/5: Schreiben des gräflich-hohenemsischen Rates an den «Herrn und Camer Präsidenten» in Feldkirch: datiert vom 27. September 1651 und unterzeichnet von Gregor Korross, hohenemsi- scher Rat und Schreiber. 71
	        

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